Alt 10.07.14, 14:29
Standard Im Strudel der Krise in Portugal - Goldpreis bricht aus
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Was in den vergangenen Tagen noch ein eher isoliertes Problem schien, entpuppt sich nun als ansteckende Krankheit. Die dramatischen Kursverluste an der Börse in Lissabon bei gleichzeitig haussierenden Renditen portugiesischer Staatsanleihen ziehen am Donnerstag auch andere Börsen in Europa nach unten. Die Anleger sind angesichts der Angst vor einem Wiederaufleben der Bankenkrise verschreckt und verkaufen erst einmal queerbeet. Hinzu kommen eine schwache Industrieproduktion aus Frankreich und Italien und enttäuschende Konjunkturzahlen aus China und Japan.

Der DAX verliert am Mittag 1,5 Prozent auf 9.666 Punkte, der Euro-Stoxx-50 gibt um 1,7 Prozent auf 3.149 Punkte nach. Die Börse in Portugal setzt ihre Talfahrt der vergangenen Tage beschleunigt fort und bricht um gut 4 Prozent ein. In Madrid und Mailand geht es um rund 2,6 Prozent abwärts. Der Euro verliert ebenfalls und handelt bei 1,3617 Dollar. Großer Gewinner ist neben deutschen Bundesanleihen der sichere Hafen Gold. Der Preis der Feinunze schießt um rund 23 Dollar nach oben auf 1.343 Dollar und hat damit die seit Monaten gültige Handelsspane deutlich nach oben verlassen.

Am portugiesischen Aktienmarkt geht seit Tagen die Angst vor den Folgen undurchsichtiger Investments um. Wie befürchtet hat nun das portugiesische Konglomerat Espirito Santo International die Rückzahlung von Geldmarktpapieren verschoben. Die portugiesische Holding hält 25 Prozent an der Banco Espirito Santo über die Tochter Espirito Santo Financial Group. An den Märkten geht nun die Furcht vor einer Ansteckung und einer neuen sich ausbreitenden Bankenkrise um.

"Die Zuspitzung der Krise da unten dehnt sich auch auf Spanien und Italien aus", so ein Händler. Investoren werde immer schmerzlicher bewusst, dass sie in Anleihen dieser Staaten überinvestiert waren. Kurzzeitig lagen Spaniens Renditen sogar unter denen der US-Treasuries. Das wird nun angesichts der Espirito-Krise massiv korrigiert". Bereits in den vergangenen Tagen waren die Renditen Portugals, aber auch Spaniens und Italiens deutlich gestiegen.

An der Börse in Lissabon hat Espirito Santo Financial seine Aktien und Anleihen vom Handel aussetzen lassen. Banco Espirito Santo setzen ihren freien Fall derweil mit einem Minus von 14 Prozent fort. Für Portugal Telecom geht es um weitere 3,7 Prozent abwärts. Das Unternehmen ist in der unglücklichen Lage, Gläubiger der problembehaften Papiere zu sein.

Die Angst vor einer Ausweitung der Krise macht sich auch bei den Kreditausfallversicherungen (CDS) bemerkbar. Diese waren für spanische und italienische Banken und auch Staatsanleihen beider Länder schon am Vortag stärker nachgefragt als für portugiesische Institute.Aktuell ziehen die Prämien vor allem bei Staatsanleihen Portugals und Spaniens weiter an. Bei den Einzelnamen stehen Banco Espirito Santo mit rund 20 Prozent Prämienanstieg an der Spitze.

"Wenn es irgendwelche Probleme mit einheimischen Banken (Banco Espirito Santo) geben sollte, dann ist nicht wirklich klar, wie diese gelöst werden", heißt es von RBC. Und selbst wenn es sich bei der Banco Espirito Santo um einen Einzelfall handeln sollte, so zeige dieser doch die Probleme auf, die ein früher Exit aus dem Rettungsschirm bei einer gleichzeitig schwachen Konjunktur, einem wackeligen Bankensystem und maroden Staatsfinanzen aufwerfe. Der Stoxx-Bankensektor liegt mit einem Minus von 1,4 Prozent klar am Ende bei den Sektoren.

Am spanischen Aktienmarkt verlieren BBVA und Santander deutlich über 3 Prozent, der europäische Bankensektor rutscht um 2,8 Prozent ab und ist klares Schlusslicht. Zusätzlich belastet wird er davon, dass nach der Gewinnwarnung der Erste Group Bank wegen Wertberichtigungen in Ungarn und Rumänien nun auch die Raiffeisen International Belastungen aus einem neuen Kreditgesetz in Ungarn festgestellt hat. Der Aktienkurs, der bereits im Sog der Erste Group Bank unter Druck geraten war, verliert 2,7 Prozent, Erste Group kommen sogar um 5 Prozent zurück. Am deutschen Markt rutscht der Kurs der Commerzbank um fast 4 Prozent ab.

Die Anleihemärkte in Südeuropa sind kräftig in Bewegung. Die Rendite der portugiesischen Anleihen haussiert um 20 Basispunkte auf knapp 4 Prozent. ZU Wochenbeginn waren es noch knapp 3,60 Prozent. Die Rendite der spanischen Zehnjahrespapiere steigt auf 2,80 nach 2,76 Prozent am Vortag, die der italienischen Pendants auf 2,92 nach 2,87 Prozent. Weiter abwärts geht es dagegen mit der Rendite der als sicherer Hafen geltenden deutschen Bundesanleihe und zwar von 1,23 auf 1,19 Prozent. Das Rekordtief von 1,12 Prozent ist damit wieder in greifbarer Nähe.

Ein Blick auf die europäischen Sektoren zeigt, dass sich wie oft an schwachen Börsentagen defensive Sektoren wie Pharma und Versorger noch am besten halten. Im DAX handelt nur die Aktie von Fresenius im Plus, alle anderen 29 Werte sind im Minus.

Erleichtert reagiert die Börse auf die Quartalszahlen von Südzucker. Der Kurs steigt um 2,8 Prozent. "Endlich gibt es mal keine Gewinnwarnung von Südzucker", sagt ein Händler mit Blick auf mehrere Gewinnwarnungen des Zuckerproduzenten in der jüngeren Vergangenheit. Der operative Gewinn liege im ersten Quartal des neuen Geschäftsjahres um mehr als ein Viertel über der Konsensprognose. Positiv sehen Händler auch den Zwischenbericht von Gerresheimer Glas. Die Aktie gewinnt 5,6 Prozent.

Kontakt zum Autor: thomas.leppert@wsj.com

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