Alt 30.05.12, 22:47
Standard Wall Street wieder fest im Griff der Schuldenkrise
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NEW YORK (Dow Jones) - Die Pessimisten haben Recht behalten: Nach einer Zwischenerholung am Vortag hatte die europäische Schuldenkrise die US-Aktienmärkte am Mittwoch wieder fest im Griff. Bis auf eine Branche notierten sämtliche Sektoren an Wall Street in negativen Gefilden. Sorgen über die Verfassung der spanischen Banken belasteten den Aktienmarkt, der Euro fiel auf den tiefsten Stand seit Juli 2010. Die Euro-Abwertung spiegelte das Ausmaß der Ängste an den Finanzmärkten wieder. "Die Sorgen bezüglich eines Kollapses des Landes werden immer mehr zur Realität", sagte ein Händler mit Blick auf Spanien. Der Dow-Jones-Index verlor 1,3 Prozent auf 12.420 Punkte. Der S&P-500 sank um 1,4 Prozent auf 1.313 Zähler und der technologielastige Nasdaq-Composite ermäßigte sich um 1,2 Prozent auf 2.837 Stellen. Umgesetzt wurden 0,76 (Dienstag: 0,71) Milliarden Stück. Dabei standen 421 (2.415) Kursgewinnern (653) 2.639 -verlierer gegenüber, 79 (72) Titel schlossen unverändert.

Die Sanierung des nach dem Platzen einer Immobilienblase unter faulen Krediten leidenden Bankensystems kommt die Iberer immer teurer. Die Nomura-Analysten schätzen, dass die Regierung dafür 50 bis 60 Milliarden Euro in die Hand nehmen muss. Gleichzeitig verschlechtern sich die Refinanzierungsbedingungen für das Land dramatisch. So marschiert die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen weiter in Richtung der Marke von 7 Prozent. Ein Niveau, das bereits Irland und Portugal unter den Rettungsschirm von EU und IWF zwang. "Es scheint nur eine Frage der Zeit, bevor nicht nur der Bankensektor, sondern das ganze Land ein Rettungspaket benötigt", merkte ein Analyst an.

Untermauert wurden die Befürchtungen von EZB-Daten, die zeigten, dass Anleger in Spanien immer mehr Kapital von den Banken abziehen. Im April sanken die Einlagen auf das niedrigste Niveau seit Beginn der europäischen Schuldenkrise. Es sei offenkundig, dass es fast zu spät für eine erfolgreiche Rekapitalisierung des Bankensektors sei, so kritische Stimmen aus dem Handel. Die Regierung in Madrid hat als eine Möglichkeit die Abgabe von Anleihen an die Krisenbank Bankia, die mit 19 Milliarden Euro gestützt werden muss, ins Spiel gebracht. Diese könnte Bankia dann als Sicherheiten bei der EZB nutzen, um von der Notenbank Geld zu erhalten. Die EZB ließ am Berichtstag offen, ob dies ein gangbarer Weg ist. Womöglich können Krisenbanken wie Bankia auch Geld vom Euro-Rettungsfonds ESM bekommen. In ihrem jüngsten Bericht zur wirtschaftspolitischen Entwicklung spielte die Kommission diese Idee durch.

In den USA kommt der Krisen geschüttelte Immobilienmarkt weiterhin nicht entscheidend auf die Beine. Die Verkäufe bestehender Häuser sanken kräftig, obwohl auf Monatssicht mit einer Stagnation gerechnet worden war. Immerhin stand auf Jahressicht ein deutliches Plus zu Buche. Klare Profiteure der negativen Schlagzeilen aus Spanien waren die US-Anleihen und der Dollar. Die Notierungen der US-Staatsanleihen zogen kräftig an, Händler sprachen von Umschichtungen in den "sicheren Hafen" der US-Anleihen. Die Rendite zehnjähriger Papiere fiel auf Allzeittief und notierte im späten Geschäft nur noch bei 1,62 Prozent. Für den Euro gab es kein Halten mehr, die Gemeinschaftswährung fiel klar unter die Marke 1,24 Dollar. Damit büßte der Euro auf Tagessicht über einen US-Cent ein. "Europa bildet weiterhin das Kernthema und die Vortagesgewinne am Aktienmarkt sind schnell verflogen. Bis zu den griechischen Wahlen am 17. Juni werden die Märkte nur nach den Schlagzeilen aus Europa Ausschau halten. Dabei dürften Anleger schneller als jeder Politiker reagieren", fasste Marktstratege Leo Grohowski von BNY Mellon Wealth Management das Sentiment zusammen.

Die Ölpreise gaben signifikant nach und schlossen auf dem niedrigsten Stand seit Oktober 2011. Neben den Meldungen von der iberischen Halbinsel und dem steigenden Dollar belasten auch Schlagzeilen aus China die Ölpreise. Die Nachrichtenagentur Xinhua dementierte staatliche Pläne zur Ankurbelung der chinesischen Wirtschaft. Zudem fiel die Ölnachfrage in den USA im ersten Quartal auf den tiefsten Stand seit 15 Jahren für diese Periode. Zum Settlement sank der Markt führende Juli-Kontrakt auf ein Barrel US-Leichtöl der Sorte WTI um 3,2 Prozent oder 2,94 Dollar auf 87,82 Dollar. Der nächstfällige Julikontrakt für ein Fass der europäischen Referenzsorte Brent ermäßigte sich um 3,0 Prozent bzw 3,21 Dollar auf 103,47 Dollar. "Die Abstufung Spaniens durch Egan-Jones hat verdeutlicht, dass die europäischen Probleme nicht nur Griechenland betreffen", sagte Ölanalyst Matthew Parry von der Internationalen Energieagentur.

Am Aktienmarkt waren es vor allem die Titel mit Bezug zur globalen Konjunktur und Bankenwerte, die unter die Räder gerieten. Im Dow lieferten sich Alcoa und Caterpillar lange ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Rote Laterne, Alcoa machten das Rennen und reduzierten sich um 3,5 Prozent auf 8,58 Dollar. Caterpillar gaben 2,5 Prozent auf 90,18 Dollar ab und gingen als fünftschwächster Wert aus dem Handel. Das billigere Öl ließ auch die Kurse der entsprechenden Sektorwerte sinken. Exxon Mobil und Chevron gaben 2,6 Prozent auf 79,79 Dollar bzw 2,6 Prozent auf 97,63 Dollar nach.

Unternehmensnachrichten gab es kaum. Research in Motion (RIM) büßten 7,8 Prozent auf 10,35 Dollar ein. Der Hersteller mobiler Kommunikationsgeräte wie dem Blackberry hat eine Gewinnwarnung für das laufende Quartal ausgesprochen. RIM wird demnach die erste Periode voraussichtlich mit einem Verlust abschließen. Für diesen macht RIM die sinkenden Absätze und den harten Preiswettbewerb verantwortlich. Analysten sagen zudem, dass das Unternehmen mehr Inventar abschreiben muss, da sich unverkäufliche Geräte in den Lagerhäusern stapelten. Auch andere Technologietitel wie Cisco Systems, AMD oder Hewlett-Packard notierten mit Abschlägen.

Apple kletterten um 1,2 Prozent auf 579,17 Dollar. CEO Tim Cook bekräftigte das Interesse des Technologieriesen am Fernsehergeschäft. Die Gesellschaft sei daran interessiert, möglichst viel Produktion in die USA zu holen. Pep Boys-Manny Moe & Jack brachen um 19,8 Prozent auf 8,89 Dollar ein. Der Kfz-Ersatzteileinzelhändler rückte von einer Einigung mit Gores Group, welche die Titel von der Börse nehmen wollten. Nun folgt eine Strafe von 50 Millionen Dollar. FormFactor zogen um 6,4 Prozent auf 6,13 Dollar an, der Anbieter von Halbleiterausrüstung hob seine Prognose für das zweite Quartal an. SLM stiegen um 1,7 Prozent auf 14,04 Dollar, der Studentenfinanzierer erhöhte sein Aktienrückkaufprogramm. UDR verbilligten sich um 2,9 Prozent auf 25,85 Dollar, nachdem der Immobilienkonzern die Ausgabe neuer Aktien mitgeteilt hatte.

DJG/DJN/flf

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