Alt 30.05.12, 17:30
Standard Schuldenkrise hat Wall Street mittags wieder fest im Griff
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NEW YORK (Dow Jones) - Die Pessimisten haben Recht behalten: Nach einer Zwischenerholung am Vortag hat die europäischen Schuldenkrise die US-Aktienmärkte am Mittwochmittag (Ortszeit) wieder fest im Griff, an Wall Street geht es auf breiter Front talwärts. Bis auf den defensiven Versorgersektor notieren sämtliche Branchen in negativen Gefilden. Sorgen über die Verfassung der spanischen Banken belastet den Aktienmarkt, der Euro fällt auf den tiefsten Stand seit Juli 2010. Die Euro-Abwertung spiegelt das Ausmaß der Ängste an den Finanzmärkten wieder. "Die Sorgen bezüglich eines Kollapses des Landes werden immer mehr zur Realität", sagt ein Händler mit Blick auf Spanien. Der Dow-Jones-Index verliert bis 18.16 Uhr MESZ 1,3 Prozent auf 12.423 Punkte. Der S&P-500 sinkt um 1,4 Prozent auf 1.313 Zähler und der technologielastige Nasdaq-Composite ermäßigt sich um 1,4 Prozent auf 2.831 Stellen.

Die Sanierung des nach dem Platzen einer Immobilienblase unter faulen Krediten leidenden Bankensystems kommt die Iberer immer teurer. Die Analysten von Nomura schätzen, dass die Regierung dafür 50 bis 60 Milliarden Euro aufwenden muss. Gleichzeitig verschlechtern sich die Refinanzierungsbedingungen für das Land dramatisch. So marschiert die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen weiter in Richtung der Marke von 7 Prozent. Ein Niveau, das bereits Irland und Portugal unter den Rettungsschirm von EU und IWF zwang. "Es scheint nur eine Frage der Zeit, bevor nicht nur der Bankensektor, sondern das ganze Land ein Rettungspaket benötigt", merkt ein Analyst an.

Untermauert werden die Befürchtungen von EZB-Daten, die zeigen, dass Anleger in Spanien immer mehr Kapital von den Banken abziehen. Im April sanken die Einlagen auf das niedrigste Niveau seit Beginn der europäischen Schuldenkrise. Es sei nun offenkundig, dass es fast zu spät für eine erfolgreiche Rekapitalisierung des Bankensektors sei, so kritische Stimmen aus dem Handel. Die Regierung in Madrid hat als eine Möglichkeit die Abgabe von Anleihen an die Krisenbank Bankia, die mit 19 Milliarden Euro gestützt werden muss, ins Spiel gebracht. Diese könnte Bankia dann als Sicherheiten bei der EZB nutzen, um von der Notenbank Geld zu erhalten. Die EZB ließ am Berichtstag offen, ob dies ein gangbarer Weg ist. Medienberichten zufolge könnten spanische Banken auch direkte Hilfe des Rettungsfonds ESM erhalten.

In den USA kommt der Krisen geschüttelte Immobilienmarkt weiterhin nicht entscheidende auf die Beine. Die Verkäufe bestehender Häuser sanken kräftig, obwohl auf Monatssicht mit einer Stagnation gerechnet worden war. Immerhin steht auf Jahressicht ein klares Plus zu Buche.

Klare Profiteure der negativen Schlagzeilen aus Spanien sind die US-Anleihen und der Dollar. Die Notierungen der US-Staatsanleihen ziehen kräftig an, Händler sprechen von Umschichtungen in den "sicheren Hafen" der US-Anleihen. Die Rendite zehnjähriger Papiere fällt auf Allzeittief und notiert nur noch bei 1,64 Prozent. Der Euro rutscht temporär unter die Marke von 1,24 Dollar, damit büßt die Gemeinschaftswährung auf Tagessicht über einen US-Cent ein. "Europa bildet weiterhin das Kernthema und die Vortagesgewinne sind schnell verflogen. Bis zu den griechischen Wahlen am 17. Juni werden die Märkte nur nach den Schlagzeilen aus Europa Ausschau halten. Dabei dürften Anleger schneller als jeder Politiker reagieren", fasst Marktstratege Leo Grohowski von BNY Mellon Wealth Management das Sentiment zusammen.

Die Ölpreise für die Sorten WTI und Brent geben signifikant nach. Neben den Meldungen von der iberischen Halbinsel und dem steigenden Dollar belasten auch Schlagzeilen aus China die Ölpreise. Die Nachrichtenagentur Xinhua dementierte staatliche Pläne zur Ankurbelung der chinesischen Wirtschaft.

Am Aktienmarkt sind es vor allem die Titel mit Bezug zur globalen Konjunktur, die unter die Räder geraten. Im Dow liefern sich Alcoa und Caterpillar ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Rote Laterne, beide Werte verlieren rund 2,5 Prozent. Unternehmensnachrichten gibt es kaum. Research in Motion (RIM) geben um 6,5 Prozent auf 10,49 Dollar nach. Der Hersteller mobiler Kommunikationsgeräte wie dem Blackberry hat eine Gewinnwarnung für das laufende Quartal ausgesprochen. RIM wird demnach die erste Periode voraussichtlich mit einem Verlust abschließen. Für diesen macht RIM die sinkenden Absätze und den harten Preiswettbewerb verantwortlich. Analysten sagen zudem, dass das Unternehmen mehr Inventar abschreiben muss, da sich unverkäufliche Geräte in den Lagerhäusern stapelten. Auch andere Technologietitel wie Cisco Systems, AMD oder Hewlett-Packard notieren mit Abschlägen.

Apple halten sich mit einem Minus von 0,1 Prozent auf 571,46 Dollar recht wacker. CEO Tim Cook bekräftigte das Interesse des Technologieriesen am Fernsehergeschäft. Die Gesellschaft sei daran interessiert, möglichst viel Produktion in die USA zu holen. Pep Boys-Manny Moe & Jack brechen um 22 Prozent auf 8,66 Dollar ein. Der Kfz-Ersatzteileinzelhändler rückt von einer Einigung mit Gores Group ab. Die Titel sollten von der Börse genommen werden, nun folgt eine Strafe von 50 Millionen Dollar. FormFactor klettern um 7,3 Prozent auf 6,18 Dollar, der Anbieter von Halbleiterausrüstung hob seine Prognose für das zweite Quartal an.

DJG/DJN/flf

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