Alt 22.06.17, 22:06
Standard Wall Street stagniert mit Ölpreisstabilisierung
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NEW YORK (Dow Jones)--Eine Stabilisierung der Ölpreise und die Aussicht auf eine politische Verständigung in Sachen Gesundheitsreform haben die Wall Street am Donnerstag zwischenzeitlich ins Plus gehievt. Zum Handelsende verließ Anleger dann wieder der Mut, die US-Börsen gaben ihre Gewinne wieder vollständig ab. Händler verwiesen auf den Umstand, dass sich die Ölpreis trotz der moderaten Erholung noch immer auf einem extrem niedrigen Niveau bewegten. Gestützt wurde der Markt vom Gesundheits- und Biotechnologiesektor. Der Dow-Jones-Index fiel um 0,1 Prozent auf 21.397 Punkte, S&P-500 und Nasdaq-Composite stagnierten. Umgesetzt wurden an der NYSE 853 (Mittwoch: 829) Millionen Aktien. Dabei kamen auf 1.723 (1.057) Kursgewinner 1.231 (1.935) -verlierer, während 157 (108) Titel unverändert schlossen. "Es sieht so aus, als habe sich der US-Aktienmarkt etwas vom Ölpreis abgekoppelt. Investoren realisierten, dass sinkende Ölpeise nicht unbedingt ein Zeichen eines wirtschaftlichen Abschwungs darstellen. Der Preisverfall basiert stattdessen auf dem exzessiven Angebot aus den USA, dem Iran und Russland", sagte Marktstratege Quincy Krosby von Prudential Financial.

Etwas Auftrieb erhielten die US-Börsen von einer Gesetzesinitiative der republikanischen Senatsfraktion zur geplanten Gesundheitsreform. Dadurch stiegen die Chancen auf das Zustandekommen eines Kompromisses zwischen beiden Parlamentskammern. Der Gesundheitssektor zeigte sich mit einem Aufschlag von 0,7 Prozent relativ fest. Im Dow führten Merck und Johnson & Johnson die Gewinnerliste mit Aufschlägen von jeweils 0,9 Prozent mit an. Wie schon am Vortag liefen auch Biotechnologiewerte gut, der Pharmasektor stellte mit einem Plus von 1,3 Prozent die festeste Branche. Nach Informationen der New York Times hat US-Präsident Donald Trump ein Dekret vorbereitet, das die regulatorischen Vorgaben für die Pharmabranche lockern soll. XBiotech haussierten um über 20 Prozent, Sangamo Therapeutics um knapp 13 Prozent.

Der Bankensektor büßte 0,7 Prozent ein. Der Handel der Banken in den USA soll künftig weniger überwacht werden, die Stresstests sollen transparenter werden und die Kapitalerfordernisse leichter zu erbringen. Das sind die Vorschläge von Fed-Gouverneur Jerome Powell und Keith Noreika von der Regulierungsbehörde, die beide vor dem Bankenausschuss des US-Senats vorbrachten. Powell sagte, es gehe dabei nicht um eine breite Deregulierung, was im Handel mit etwas Enttäuschung aufgenommen wurde.

Geldpolitik bleibt Thema

Wenig Einfluss zeigen derweil die wöchentlichen Arbeitsmarktdaten. In der Vorwochen haben etwas mehr US-Amerikaner erstmals Anträge auf Arbeitslosenhilfe gestellt. Die Markterwartung war einen Tick niedriger ausgefallen. Die Erstanträge liegen aber seit geraumer Zeit auf einem historisch außergewöhnlich niedrigen Niveau.

Mit James Bullard von der Fed-Filiale in St. Louis hat sich am Donnerstag der nächste Vertreter der US-Notenbank zu Wort gemeldet. Er sah keine Notwendigkeit für weitere Zinserhöhungen, allerdings plädierte er für eine rasche Verkleinerung der aufgeblähten Fed-Bilanz. Bullard besitzt jedoch kein Stimmrecht im Offenmarktausschuss der Fed.

Oracle-Aktie auf Rekordhoch

Die Serie positiver Quartalsausweise setzte sich mit Oracle fort. Der Softwarekonzern und SAP-Konkurrent hatte mit seinen Geschäftszahlen die Erwartungen der Analysten klar übertroffen. Die Aktie schnellte um 8,6 Prozent nach oben und markierte bei 51,85 Dollar ein neues Rekordhoch. Die Nachricht von einem bevorstehenden Einstieg der Qatar Airways bei American Airlines schob die Aktie der US-Gesellschaft um 1,1 Prozent nach oben. Die arabische Fluggesellschaft will eine Beteiligung von mindestens 10 Prozent übernehmen. Das ist insofern bemerkenswert, als andere arabische Länder Katar die Unterstützung von Terroristen vorwerfen und deshalb die diplomatischen Beziehungen zu dem Emirat abgebrochen haben.

Für die Aktie von Accenture ging es dagegen um 4,0 Prozent nach unten. Hohe Pensionsverpflichtungen schmälerten das Ergebnis des Beratungsunternehmens im dritten Geschäftsquartal überraschend stark. Aggressive Kostensenkungen bei Barnes & Noble verhalfen dem Buchhändler zu Viertquartalszahlen, die klar über den Markterwartungen lagen. Die Aktie stieg um 7,7 Prozent. Staples kletterten um 6,2 Prozent. Laut einem Medienbericht verhandelt die Beteiligungsgesellschaft Sycamore Partners über einen Kauf des Einzelhändlers.

Öl verharrt trotz Erholung im Bärenmarkt

Der Ölpreis machte etwas Boden gut, befand sich aber nach wie vor in einem sogenannten Bärenmarkt, nachdem die Preise in den zurückliegenden sechs Monaten um über 20 Prozent gefallen waren. Das Barrel Rohöl der US-Sorte WTI erholte sich um 0,5 Prozent auf 42,74 Dollar, europäisches Referenzöl der Sorte Brent um 0,9 Prozent auf 45,22 Dollar. Die Einhaltung der Fördersenkungen von Mitgliedern des Erdölkartells Opec und Nicht-Mitgliedern hat nach Angaben des Überwachungsausschusses im Mai mit 106 Prozent das höchste Niveau seit Inkrafttreten erreicht. Zudem stützten Produktionsausfälle im Golf von Mexiko von 17 Prozent wegen des Tropensturms "Cindy" etwas.

Mehr als eine technisch bedingte Gegenbewegung des Ölpreises wollten Händler in den leichten Preissteigerungen aber nicht sehen. Denn auch wenn die US-Regierung am Vortag eine Abnahme ihrer Rohölvorräte gemeldet hatte, steigt die Ölförderung in den USA nach wie vor - zuletzt auf ein 22-Monatshoch. Auch in anderen Ländern, darunter Libyen, wird mehr Öl gefördert. Damit bleiben die Förderkürzungen, auf die sich andere große Ölproduzenten im Mai geeinigt hatten, ohne Wirkung auf den Ölpreis. Rohstoffanalyst Paul Horsnell von Standard Chartered sprach von einem "übermächtig bearishen Sentiment".

Gold setzte die am Vortag eingeleitete Erholungsbewegung fort und kletterte auf ein Einwochenhoch. Der Preis für eine Feinunze legte um 0,2 Prozent auf 1.250 Dollar zu. Das Edelmetall profitierte von der Erwartung, dass die Zinsen in den USA letztlich langsamer steigen werden, als die US-Notenbank derzeit noch signalisiert. Befeuert wurden entsprechende Spekulationen zusätzlich durch die Bullard-Aussagen.

Am Anleihemarkt legten die Kurse zu. Die Zehnjahresrendite sank um einen Basispunkt auf 2,15 Prozent. Die Rendite 30-jähriger Langläufer bewegte sich auf dem tiefsten Niveau seit sieben Monaten. Unabhängig von der Frage der geldpolitischen Entscheidungen bedroht eine steigende Inflationen die Attraktivität festverzinslicher Wertpapiere. Daher sahen Händler einen Zusammenhang mit den gefallenen Ölpreisen, die die Inflation merklich dämpfen dürften. Der Dollar neigte leicht zur Stärke, bewegt sich aber zum Euro kaum. Die Gemeinschaftswährung sank im späten US-Handel auf 1,1152 Dollar nach Wechselkursen um 11,68 am Vorabend.

Kontakt zum Autor: florian.faust@wsj.com

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June 22, 2017 16:28 ET (20:28 GMT)

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