Alt 20.06.17, 17:49
Standard Ölpreisverfall bremst Wall Street
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NEW YORK (Dow Jones)--Kräftig fallende Ölpreise bremsen am Dienstag die Wall Street. Vor allem Energiewerte stehen mit dem Preisrutsch am Erdölmarkt gehörig unter Druck. Der Dow-Jones-Index pendelt zwischen kleinen Auf- und Abschlägen und markiert im Verlauf ein weiteres Allzeithoch. Gegen Mittag US-Ostküstenzeit büßt der Dow-Jones-Index 0,1 Prozent ein, S&P-500 und Nasdaq-Composite verlieren jeweils 0,4 Prozent. Im laufenden Jahr zählt der Energiesektor bereits zu den mit Abstand schwächsten Branchen. Mit der neuerlichen Talfahrt der Ölpreise fällt der Sektor um weitere 1,6 Prozent und stellt damit das Branchenschlusslicht. Chevron und Exxon Mobil geben 1,3 bzw. 1,0 Prozent ab.

Neben dem Ölpreis beschäftigen die Steuern die Anleger. Im Tagesverlauf wird sich der Sprecher des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, zur geplanten Steuerreform zu Wort melden. Zwar dürfte er kaum Details nennen, aber Investoren erwarten, dass Ryan der Überzeugung der republikanischen Partei, noch im laufenden Jahr eine Steuerreform zu verabschieden, Nachdruck verleihen wird. "Der Markt hat die Erwartungen an die Steuerreform ganz sicher zurückgefahren, aber wir rechnen noch immer damit, dass in Sachen Steuern in diesem Jahr oder Anfang des nächsten etwas passieren wird", sagt Marktstrategin Holly MacDonald von Bessemer Trust.

An Konjunkturdaten wurde nur die US-Leistungsbilanz aus dem ersten Quartal veröffentlicht. Das Defizit hat sich demnach zwar ausgeweitet, aber weniger deutlich als erwartet. Dafür äußerten sich gleich mehrere Vertreter der US-Notenbank. Zwar schlugen einige Fed-Repräsentanten einen behutsameren Zinserhöhungspfad vor als dies am Vortag William Dudley, Präsident der US-Notenbankfiliale in New York, getan hatte, am Gesamtbild der US-Geldpolitik ändert sich nach Meinung aus dem Handel jedoch nichts.

Ölpreise fallen auf Jahrestief

Steil nach unten geht es mit den Preisen am Rohölmarkt. Sie fallen auf den tiefsten Stand seit November 2016 und drehen in den Bärenmarktmodus - ein Absturz von mindestens 20 Prozent seit dem letzten Zwischenhoch. Das Barrel US-Leichtöl der Sorte WTI ermäßigt sich um 2,7 Prozent auf 43,00 Dollar, europäisches Referenzöl der Sorte Brent verbilligt sich um 2,4 Prozent auf 45,80 Dollar. Das ist nur zum Teil dem festen Dollar geschuldet. Unter den Akteuren wachsen laut Beobachtern Zweifel daran, ob die Förderdrosselungen auch eingehalten werden, auf die sich die großen Ölförderländer im Mai geeinigt hatten. Die Bemühungen des Erdölkartells Opec, die Ölpreise durch geringere Fördermengen zu stabilisieren oder gar nach oben zu treiben, werden von Opec-Mitglieder und Nichtmitgliedern gleichermaßen unterlaufen. So fährt das Opec-Mitglied Libyen, das ohnehin von der Förderbegrenzung ausgenommen wurde, seine Produktion hoch. Und in den USA, die nicht Mitglied der Opec sind, steigt die Fördermenge ebenfalls schon seit geraumer Zeit wieder.

Daher dürften die Daten des US-Branchenverbands American Petroleum Institute (API) zu den Ölvorräten der USA, die am Dienstag nach US-Börsenschluss veröffentlicht werden, auf großes Interesse stoßen. Am Mittwoch folgen dann offizielle Daten der US-Regierung. Für die ING-Analysten ist ein Gleichgewicht am Markt noch nicht in Sicht. Steigende US-Treibstoffvorräte und eine zunehmende Förderung in Libyen und Nigeria seien der Stimmung nicht zuträglich, heißt es in einer aktuellen Studie. Die Opec-Ölproduktion sei im Mai um 336.000 Barrel täglich auf 32,14 Millionen gestiegen, führen die Experten aus. Im Juni dürfe sich dieser Trend fortsetzen, zumal Shell das Force Majeur für die Ölpipeline Forcados zur Verladung aus Nigeria Anfang Juni aufgehoben habe. Das dürfte eine tagesdurchschnittliche Angebotszunahme von 250.000 Barrel bedeuten. Libyen plane unterdessen mit einer Tagesproduktion von 900.000 Barrel und peile für Juli nach Wiedereröffnung einiger Ölfelder sogar 1 Million Barrel an.

Am Devisenmarkt baut der Dollar seine jüngsten Gewinne aus. Der Greenback hatte am Vortag zugelegt, nachdem sich Dudley für weitere Zinserhöhungen ausgesprochen hatte. Für einen Euro werden 1,1120 Dollar gezahlt nach einem Tageshoch bei 1,1166. Der Goldpreis zeigt sich nach dem Rücksetzer des Vortages minimal erholt. Die Feinunze steigt um 0,1 Prozent auf 1.244 Dollar. Laut Eric Rosengren, US-Notenbankgouverneur aus Boston, untergräbt das andauernde Niedrigzinsumfeld die Stabilität der Finanzmärkte. Diese Sicht könnte Gold etwas stützen, während die Aussicht auf steigende Zinsen belastet.

Am Anleihemarkt legen die Kurse zu. Im Gegenzug sinkt die Rendite zehnjähriger Titel um 3 Basispunkt auf 2,16 Prozent. Belastet werden die US-Renten von den Rosengren-Aussagen. Er rechnet mit einem länger währenden Niedrigzinsumfeld. Auch sein Fed-Kollege aus Chicago, Charles Evans, schlug eher "taubenhafte" Töne an.

"Freispruch" beflügelt Tesla

Tesla-Aktien steigen um 0,3 Prozent. Das Unternehmen trifft keine Schuld an dem Unfall, bei dem im Mai vergangenen Jahres ein Testfahrer in einem selbstfahrenden Tesla Model S zu Tode kam, so das Ergebnis einer Untersuchung der US-Verkehrsbehörde National Transportation Safety Board. Reliance Steel & Aluminum verbilligen sich dagegen um 3,2 Prozent. Der Stahlhändler hatte eine Gewinnwarnung ausgegeben. Chipotle Mexican Grill büßen 6,9 Prozent ein, nachdem die Restaurantkette vor höheren Kosten im zweiten Quartal gewarnt hat. Überzeugende Quartalszahlen über Markterwartung verhelfen der Aktie des Bauunternehmens Lennar zu einem Kursplus von 2,2 Prozent.

Kontakt zum Autor: florian.faust@wsj.com

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June 20, 2017 12:13 ET (16:13 GMT)

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