Alt 09.06.17, 09:46
Standard Börsen legen nach Großbritannien-Wahl zu - Pfund unter Druck
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TOKIO/SCHANGHAI (Dow Jones)--Der Ausgang der Parlamentswahl in Großbritannien hat die Börsen in Asien am Freitag weitgehend kalt gelassen. Die konservativen Tories von Premierministerin Theresa May haben die absolute Mehrheit im britischen Unterhaus verloren. Die oppositionelle Labour-Partei legte zwar kräftig zu, verfehlte aber ebenso die absolute Mehrheit. Großbritannien droht damit eine Hängepartie bei der Regierungsbildung, ein so genanntes Hung Parliament.

Eine deutliche Reaktion zeigte indes das britische Pfund, das unter Abgabedruck geriet. Es sackte in der Spitze bis auf 1,2633 Dollar ab. Die Talfahrt begann mit der Veröffentlichung der ersten Hochrechnungen. Danach zeigte sich die britische Währung sehr volatil. Dazu kam auch die Unsicherheit, ob Premierministerin May zurücktreten wird oder nicht.

Wie ein Analyst anmerkte, wäre ein Rücktritt aus Marktsicht die "sauberere Lösung". Langfristig sei May nach der Schlappe wohl ohnehin kaum zu halten. Das Pfund notierte schließlich bei 1,2705 Dollar, lag damit jedoch immer noch deutlich niedriger als die rund 1,2950 vor Bekanntwerden der ersten Hochrechnungen.

"Das Pfund hat mit dem Rückgang nun das Szenario eines 'Hung Parliament' eingepreist", sagte Devisen-Analyst Stuart Ive von OM Financial. Das Pfund könnte nach Ansicht der Devisen-Analysten der UOB Group sogar bis auf 1,21 Dollar zurückfallen. "Ähnlich wie bei der Brexit-Abstimmung im Vorjahr hatte sich der Markt auf ein positives Wahlergebnis positioniert - die Konservativen gewinnen mit einer klaren Mehrheit", so die Experten.

Premierministerin May geht auf jeden Fall geschwächt aus der Parlamentswahl hervor. May wollte sich bei der Wahl mit einem klaren Sieg eigentlich Rückendeckung für harte Brexit-Verhandlungen holen, die in zehn Tagen beginnen sollen. Die Verhandlungen dürften angesichts der unklaren bzw. zumindest knappen Mehrheiten noch komplizierter werden. Oppositionsführer Jeremy Corbyn hat May bereits zum Rücktritt aufgefordert.

Nikkei-Index wieder über 20.000 Punkten

Die Börsen in Asien zeigten sich von den sich anbahnenden Problemen in Großbritannien jedoch weitgehend unbeeindruckt. Positive Vorzeichen überwogen, anfängliche vereinzelte Minuszeichen verschwanden recht schnell wieder. In Tokio kletterte der Nikkei-Index mit einem Aufschlag von 0,5 Prozent auf 20.013 Punkte wieder über die 20.000er Marke.

Hier stützte auch die positive Yen-Entwicklung. Nachdem er während des späten Handels am Donnerstag zugelegt und damit die Stimmung an der Börse noch getrübt hatte, zeigte er sich schließlich deutlich schwächer. Vom Tageshoch am Vortag bei unter 109,50 Yen je Dollar stieg er auf 110,21. Ein billigerer Yen gilt als positiv für die Exportindustrie Japans, folglich legten die entsprechenden Werte zu, so Toyota Motor um 0,6 Prozent.

An den anderen Handelsplätzen fielen die Gewinne moderater aus. Die Ausnahme war Seoul, dort markierte der Kospi ein neues Rekordhoch. Der Index schloss mit einem Plus von 0,8 Prozent. Auch in Schanghai ging es mit den Kursen aufwärts, der Schanghai-Composite legte um 0,3 Prozent auf 3.159 Punkte zu.

In Hongkong reduzierte sich der Hang-Seng-Index dagegen um 0,1 Prozent. Hier standen mit dem Wahlausgang in Großbritannien die Kurse britischer Aktien unter Druck. "Für den Markt ist ein 'Hung Parliament' das schlechteste Szenario, denn dies schafft erhöhte Unsicherheiten", so Stratege Jameel Ahmad von FXTM. Für die Titel der Banken HSBC und Standard Chartered ging es um 0,2 bzw. 0,1 Prozent nach unten, die Papiere von Prudential gaben um 1,4 Prozent nach.

Softbank-Aktien schossen in Tokio um 7,4 Prozent nach oben. Hier stützte der positive Ausblick des Online-Händlers Alibaba. Dieser peilt für 2018 ein Umsatzwachstum von 45 bis 49 Prozent an. Eine erhöhte Risikobereitschaft helfe auch Aktien wie Softbank, hieß es von Fondsmanager Mitsushige Akino von Ichiyoshi Asset Management. Die Softbank-Aktie markierte den größten Tagesgewinn seit November, ergänzte der Teilnehmer.

Comey-Anhörung ohne Auswirkungen - China-Daten verpuffen

Die Anhörung des von US-Präsident Donald Trump entlassenen früheren FBI-Chefs James Comey vor dem Geheimdienstausschuss des US-Senats brachte derweil keine neuen Erkenntnisse und sorgte damit auch für keine größeren Reaktionen an den Finanzmärkten.

Kein Störfeuer ging auch von neuen Preisdaten aus China aus. Verbraucher- und Erzeugerpreise haben sich im Mai wie erwartet insgesamt eher moderat nach oben entwickelt und zeigten keinen beschleunigten Auftrieb. Das räume Peking Luft ein mit Blick auf eine lockerere Geldpolitik, so Ökonom von Yang Weixiao Founders Securities.

Beim Goldpreis löste das sich abzeichnende "Hung Parliament" keine größere Bewegung aus. Der Preis für die Feinunze gab um 0,5 Prozent auf 1.273 Dollar nach. Von Panik wie nach dem Brexit-Votum könne keine Rede sein, hieß es im Handel. Die Anleger setzten offenbar auf eine weichere Brexit-Linie in London.

Cityindex warnte jedoch vor zu viel Selbstgefälligkeit. Die politische Unsicherheit sei nach dem Wahlausgang groß. Es sei unklar, ob die Märkte weiter so ruhig bleiben, sollte May ihren Rücktritt ankündigen oder sollte es etwa zu Neuwahlen kommen.

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DJG/DJN/ros/smh

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June 09, 2017 04:07 ET (08:07 GMT)

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