Alt 07.08.14, 12:42
Standard Börsen in Wartestellung - Renditen auf Rekordtief
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Die Börsen in Europa gehen im Vorfeld der Sitzung der Europäischen Zentralbank zunehmend in Wartestellung. "Draghi ist immer für eine Überraschung gut", sagt ein Marktteilnehmer im Vorfeld. Im frühen Handel belastete die schwache Industrieproduktion im Juni in Deutschland den DAX noch etwas stärker. Sie ist ein weiterer Puzzlestein in dem Bild, dass sich das Wachstum in der größten Volkswirtschaft der Eurozone abschwächt. Auch die meisten anderen Indizes zeigten sich im frühen Geschäft etwas deutlicher im Minus. Am Mittag verliert der DAX nur noch 0,1 Prozent auf 9.120 Punkte. Der Euro-Stoxx-50 büßt 0,3 Prozent ein auf 3.042 Punkte.

Es gilt zwar als ausgemacht, dass die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins bei 0,15 Prozent bestätigen wird. Neues könnte aber die anschließende Pressekonferenz mit Mario Draghi bringen. Spannend wird, ob und wie sich die Notenbank zu den Russland-Sanktionen und den damit verbundenen negativen Folgen für die Wirtschaft der Eurozone äußern wird. Sollte der EZB-Präsident andeuten, dass damit die Wahrscheinlichkeit neuer Lockerungsmaßnahmen gestiegen ist, dürfte das die Stimmung am Markt stützen. Wenn nicht, könnte sich der Verkaufsdruck schnell wieder verstärken.

Die Hinweise auf eine schwächere Konjunktur in Deutschland mehren sich derweil. So ist die Produktion der deutschen Industrie im Juni nur um 0,3 Prozent und damit deutlich weniger gestiegen als erwartet. Die Daten deuten nach Überzeugung von Ökonomen nicht nur auf eine mögliche Schrumpfung der deutschen Wirtschaftsleistung im zweiten Vierteljahr hin, sondern auch auf eine Entwicklung im Gesamtjahr 2014, die unter den Erwartungen liegen könnte.

Die Suche der Anleger nach sicheren Häfen drückt die Renditen der Bundesanleihen auf immer neue Tiefs. Erreicht wurden sie im frühen Handel sowohl bei zehnjährigen Bundesanleihen (1,08 Prozent) als auch fünfjährigen Obligationen, ehe einsetzende Gewinnmitnahmen die Kurse dann wieder zurückbrachten. Auf dem rekordhohen Niveau von Bundesanleihen dürfte nach Ansicht von Ulrich Wortberg von der Helaba jedoch "das Potenzial nach oben allmählich begrenzt sein". Spanien brachte derweil bei einer Auktion neue Langläufer zu rekordniedrigen Renditen problemlos unter.

Am Devisenmarkt gibt der Euro angesichts der Konjunktursorgen auf knapp unter 1,3380 Dollar wieder etwas nach, nachdem sich die Gemeinschaftswährung im Verlauf des Vortag etwas stabilisieren konnte von ihrem zuvor markierten Jahrestief bei 1,3333. Seit Anfang Juli hat die Gemeinschaftswährung um rund 3 US-Cent abgewertet. "Der Abwärtstrend ist intakt und die nächste Unterstützung liegt bei 1,3333 Dollar", sagt Helaba-Analyst Wortberg.

Händler, Analysten und Investoren haben es unterdessen mit einem Großkampftag zu tun angesichts einer kaum mehr beherrschbaren Flut an Unternehmensergebnissen. Im DAX steigen Commerzbank um 1,6 Prozent. Laut den Analysten von equinet sind die Geschäftszahlen besser als erwartet ausgefallen. Zudem habe sich die Kapitalausstattung verbessert.

Erholt von anfänglich kräftigen Einbußen von bis zu 5 Prozent zeigen sich Munich Re. Am Mittag liegt der Kurs nur noch 1,7 Prozent zurück. Beim weltweit größten Rückversicherer Munich Re haben bis auf das Anlageergebnis im zweiten Quartal alle wichtigen Kennziffern die Erwartungen verfehlt. Nach der Gewinnwarnung in der Vorwoche hat adidas nun auch noch mit einer schwachen Gewinnmarge im zweiten Quartal enttäuscht, der Kurs fällt um 4 Prozent. Seit Jahresbeginn hat die Aktie nunmehr knapp 40 Prozent an Wert eingebüßt.

Tagesverlierer im DAX sind Beiersdorf mit einem Minus von 4,7 Prozent. Die zum zweiten Quartal vorgelegten Geschäftszahlen werten die Analysten von Berenberg als durch die Bank weg schwach. Die größte Enttäuschung sei der dramatische Rückgang des organischen Absatzwachstums im Consumer-Segment. Zudem hat sich das Unternehmen in einer Analystenrunde ungewöhnlich gedämpft gezeigt und von einer "dramatischen Abkühlung" in einigen Märkten gesprochen.

Bei der Deutschen Telekom ist der Nettogewinn um ein Viertel über der Konsensschätzung von Analysten ausgefallen. Die Aktie legt um 0,4 Prozent zu.

Bei den europäischen Schwergewichten sind Nestle der Tagessieger. Sie steigen um 3 Prozent, nachdem der Lebensmittelkonzern einen 8 Milliarden Franken schweren Aktienrückkauf angekündigt hat. Das macht auch den Lebensmittelsektor insgesamt zum Tagessieger mit einem Plus von 0,9 Prozent. Gute Ergebnisse von Rio Tinto lassen den Kurs des in London gelisteten Bergwerkskonzerns um 1,6 Prozent zulegen.

Bei den deutschen Nebenwerten müssen die Aktien von Rheinmetall (-5,1 Prozent) und von Brenntag (-4,2 Prozent) Kursverluste einstecken. Rheinmetall hat die Gewinnerwartung wegen des von der Regierung jüngst verhängten Ausfuhrstopps eines Gefechtsübungsübungszentrum nach Russland gesenkt. Zudem werden in der Sparte für Automobilteile geplante Umsätze und Gewinne wegen der Gründung eines Joint-Ventures für Aluminium-Technologie wegfallen. Der Chemikalienhändler Brenntag ist im zweiten Quartal sowohl beim Umsatz als auch beim Gewinn hinter den Erwartungen zurückgeblieben.

Der Stahlhändler Klöckner & Co will im laufenden Jahr wieder Gewinne machen, das lässt den Kurs um 4,1 Prozent steigen. Eine Gewinnwarnung lässt dagegen den Kurs des Sportwettenanbieters Tipp24 um 8 Prozent nachgeben.

Kontakt zum Autor: thomas.leppert@wsj.com

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