Alt 16.12.14, 12:42
Standard Schanghai entzieht sich Abwärtsdynamik an den Börsen
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Ein ganzes Bündel an negativen Nachrichten hat am Dienstag schwer auf den Börsen in Ostasien gelastet. Nach Kurseinbrüchen in Europa, neuerlichen Verlusten an der Wall Street sowie der ungebremsten und für Konjunkturängste sorgenden Talfahrt der Ölpreise verkauften die Anleger Aktien. Enttäuschende Konjunkturdaten aus China taten ihr übriges. Überraschenderweise erwies sich ausgerechnet die Börse in Schanghai als Fels in der Brandung, dort legte der Index um 2,4 Prozent zu und markierte mit 3.021 Punkten den höchsten Stand seit 44 Monaten.

Für Verunsicherung sorgte aber vor allem die dramatische Entwicklung in Russland. Dort hatte die Notenbank in der Nacht die Leitzinsen drastisch auf 17 von zuvor 10,5 Prozent erhöht, um den Absturz des Rubel zu stoppen. Allein am Montag war er um rund 10 Prozent eingebrochen, und auch die Börse in Moskau erlebte ein ähnliches Debakel.

Während der etwas deutlicher als erwartet gesunkene HSBC-Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe Chinas an den Nachbarbörsen Konjunktursorgen auslöste, befeuerte er in Schanghai Spekulationen über weitere konjunkturstimulierende Maßnahmen und geldpolitische Lockerungen Pekings. Erstmals seit Mai ist der Index mit 49,5 Punkten unter die Wachstumsschwelle von 50 gesunken. Im November hatte er noch bei 50,0 Punkten gelegen.

"Wir erwarten weitere politische Erleichterungen, um das Wachstum zu stabilisieren", so die Analysten von Nomura.

"Die Anleger sollten vorsichtig werden, wenn der Schanghai-Index über die psychologisch wichtiger 3.000er Marke steigt", warnte Guo Feng, Chef-Anlageberater bei Northeast Securities. Er rechnet in den kommenden beiden Wochen mit einer Konsolidierung. Auch Analyst Li Xiaoxuan von Shenyin & Wanguo Securities erwartet nach der Kursrally eine Konsolidierung und sieht das Marktbarometer zunächst zwischen 2.850 und 3.050 Punkten. Für Gegenwind könnte auch eine Vielzahl an bevorstehenden Börsengängen sorgen, zumal diese Liquidität binden dürften.

Klare Tagessieger waren Aktien von Brokerhäusern, die sämtlich das maximal erlaubte Tageslimit von plus 10 Prozent erreichten. Die sehr hohen Umsätze an der Börse schürten Hoffnungen auf steigende Gewinne bei den Brokerhäusern, hieß es. Bankenaktien profitierten unterdessen von Spekulationen über sinkende Mindestreserveanforderungen. Bank of Nanjing, China Everbright Bank und China Construction legten zwischen 6,5 und 9,5 Prozent zu.

Der Nikkei-Index in Tokio rutschte dagegen um 2 Prozent ab auf 16.755 Punkte, in Hongkong ging es um 1,5 Prozent abwärts und in Sydney um vergleichsweise moderate 0,7 Prozent. Für Druck auf die Kurse in Tokio sorgte neben den Konjunkturängsten die fortgesetzte Erholung des Yen. Als vermeintlich sicherer Hafen war er angesichts der Krise und der extrem gestiegenen Schwankungsanfälligkeit an den Börsen verstärkt gesucht. Der Dollar kostete zuletzt 116,69 Yen, verglichen mit Ständen deutlich über 118 Yen zur gleichen Zeit am Vortag.

Am Ölmarkt hat nach dem WTI nun auch die Nordseesorte Brent den Kampf mit der 60-Dollar-Marke verloren. Im Tagestief fiel sie auf 59,02 Dollar zurück und kostete zuletzt 59,68 Dollar. "Die Hauptsorge um das vom Ölexport abhängende Russland ist der fallende Ölpreis", sagte Yoshihiro Okumura von Chibagin Asset Management. "Die Angst geht um, dass es in Russland zu Zahlungsausfällen kommen könnte und das erinnert die Anleger an die seinerzeitige Panik um Griechenland".

Verstärkt wurde die allerorten spürbare Konjunkturangst von Spekulationen, dass die US-Notenbank nach ihrer zweitägigen Sitzung am Dienstag und Mittwoch den Passus fallen lassen könnte, dass die US-Zinsen noch eine "beträchtliche Zeit" nahe Null bleiben werden. Das könnte dazu führen, dass sich die Anleger aus riskanteren Anlagen zurückziehen, beispielsweise in den Schwellenländern.

Bei den Einzelwerten fiel der Kurs der in Hongkong notierten Aktie des russischen Aluminium-Produzenten Rusal um knapp 5 Prozent. In Sydney traf es die Rohstoffschwergewichte BHP Billiton und Rio Tinto schwer. Sie verloren über 3 bzw gut 1,5 Prozent und damit deutlich stärker als der breite Markt. Für Japan Tobacco ging es in Tokio um knapp 3 Prozent abwärts, weil Russland einer der am schnellsten wachsenden Märkte für das Unternehmen ist. Analysten thematisierten zum Teil bereits mögliche Zahlungsausfälle Russlands, hieß es dazu aus dem Handel.

In Tokio wurden Bankenaktien wie Sumitomo Mitsui Financial Group und Mitsubishi UFJ Financial Group wegen ihrer Geschäftsbeziehungen mit Russland verkauft. Eine Herabstufung drückte den Kurs des Kaufhausbetreibers Aeon um 6,4 Prozent.

Skymark Airlines schossen dagegen um 17 Prozent nach oben. Für Fantasie sorgte hier, dass die Fluglinie nach JAL nun auch mit dem Konkurrenten ANA Gespräche über ein Code-Sharing führt. Marktteilnehmer spekulierten womöglich auf mehr, nämlich ein Zusammengehen, hieß es.

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