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Was eine Woche so anstellen kann: Ich habe das Gefühl dass in der abgelaufenen Woche mehr passiert ist, als im ganzen vergangenen Jahr. Sämtliche meine Ideen bezüglich der Rettung aus der Rezession wurden inzwischen auf die vordersten Seiten der Zeitungen gesetzt, doch nun kommen die Kritiker dieser Ideen zu Wort und deren Kritik ist ebenfalls mehr als gerechtfertigt.
Doch lassen Sie mich zunächst auf die in dieser Woche überaus hilfreichen Leserfeedbacks eingehen, durch die ich einige neue Einsichten gewann. VORSICHT VOR DRÄGERWERK In der vergangenen Woche habe ich im Rahmen des Depotchecks eine ausführliche Analyse der Drägerwerk Aktie vorgenommen. Es fehlte mir der Einblick in die Qualität der Produkte bzw. des Unternehmens und ich bat um entsprechende Informationen seitens meiner Leserschaft. Zufällig besichtigte ich am vergangenen Wochenende am Tag der offenen Tür die Universitätsklinik Hamburg Eppendorf (UKE), da meine Frau unseren für Anfang April erwarteten Nachwuchs dort entbinden möchte. Schon über dem Haupteingang machte Drägerwerk mit einem riesigen Plakat auf sich aufmerksam. In der neu eingerichteten Klinik wimmelte es nur so von Drägerwerk-Geräten. Leider waren weder die dortigen Ärzte, noch meine Frau (Gynäkologin) oder unsere befreundeten Ärzte in der Lage, die Geräte von Drägerwerk mit der Konkurrenz zu vergleichen: Ärzte sind da offensichtlich sehr genügsam, sie arbeiten mit den Geräten, die das Klinikmanagement anschafft. Da haben die Kieler Drägerwerke wohl einen ganz dicken Auftrag an Land gezogen. Doch dann erhielt ich eine E-Mail: Ein ehemaliger leitender Angestellter von Drägerwerk schickte mir einen Artikel, in dem die mangelhaften Führungsqualitäten des Hauptaktionärs Stefan Dräger beschrieben werden. Im Wesentlichen wird ihm vorgeworfen seit zwei Jahren mit eisernem Besen durch die Abteilungen zu gehen und Kosten zu sparen ohne bei den Gewinnmargen auf einen grünen Zweig zu kommen. Das Unternehmen kämpft also zu Lasten des Preises um Marktanteile. Das kann ja in bestimmten Marktphasen mal der Fall sein. Und durch Kosteneinsparungen muss ein Unternehmer dann eben seinen Laden auf Kurs halten, auch wenn das für einige Mitarbeiter schlechte Folgen hat. Doch Stefan Dräger ging offensichtlich einen anderen Weg: Dem Artikel zufolge, der immerhin aus dem Manager-Magazin stammt, setzte er seine 2006 geheiratete Ehefrau in sein Vorzimmer und sie ist seither Verwaltung der schlechten Entscheidungen. Seitens Stefan Dräger kommt wohl nicht mehr viel. Mit gerade einmal 45 Jahren ist der Drägerwerk-Chef in fünfter Generation wohl noch nicht in der Lage, eine solch schwere Zeit den Mitarbeitern gegenüber selber zu vertreten. Schade. Diejenigen unter Ihnen, die mich nun schon lange kennen, wissen, dass ich sehr großen Wert auf die Qualität des Unternehmenschefs lege. Und wenn ich dann solche Geschichten höre, dann nehme ich von diesem Unternehmen Abstand. DIE POLITIK ALS WILLIGER HANDLANGER Selten habe ich so viel und dazu noch so qualitativ hochwertiges Feedback von Ihnen erhalten wie nach der Ausgabe vom vergangenen Freitag. Wie eingangs angekündigt, die Korrespondenz mit einem Rentenhändler habe ich heute als Leserfrage aufbereitet. Doch weiterhin ergaben sich tiefe Diskussionen über den Sinn und Zweck einer „Bad Bank", einer Staatsbank also, die alle schlechten Derivate von Banken in den eigenen Bestand nimmt, damit die Banken unbeschwert ihrem eigentlichen Zweck nachkommen können: Dem Entgegennehmen und Ausleihen von Geld. Im Verlauf dieser Woche wurden alle meine Wünsche wahr: In den USA ist die Bad Bank nun bereits eine ausgemachte Sache, lediglich die Konditionen sind noch fraglich. Und Steinbrück hat, wie von mir in Aussicht gestellt, eine Bad Bank nicht mehr kategorisch abgelehnt. Darüber hinaus werden Milliarden-Programme gestartet: In Deutschland das Konjunkturpaket II, in den USA startet Obama ein erstes Konjunkturpaket. Zusätzlich will er auch den Immobiliensektor vor weiteren Zwangsversteigerungen bewahren und setzt dafür 70 Mrd. USD ein. Da bleibt eigentlich kein Wunsch von mir mehr offen. Und dennoch hielt die Rallye daraufhin nur einen Tag an. Die Banken sprangen um 20-50% an, weil die Bad Bank als die segensbringende Rettung umarmt wurde. Doch heute sieht es schon wieder anders aus: Die Kurse geben nach, weil die absoluten Verlustrisiken nach Ansicht einiger Kritiker nicht einmal vom Staat getragen werden können. Am Mittwoch überraschte die Fed noch mit einem überraschend marktfreundlichen Kommentar. Kunden des Heibel-Ticker PLUS waren weit weniger überrascht, denn ich hatte am Morgen ein Update herausgeschickt, in dem ich eine Reihe von solchen Überraschungen für die nächsten Tage ankündigte. Doch die Ereignisse entwickeln sich inzwischen so schnell, schon am Donnerstag waren alle Prognosen bereits Wirklichkeit, und die Kurse begannen wieder zu fallen. Im Wochenvergleich hat sich der DAX erstaunlich gut gehalten: In Deutschland gab es gleich eine ganze Reihe von guten Quartalsergebnissen. Siemens konnte die Erwartungen übertreffen. Und die größte Überraschung ist auf ein Gerücht zurückzuführen: Die Deutsche Bank habe laut Informationen einer Zeitschrift nach dem Verlust von 4 Mrd. Euro im letzten Quartal nunmehr im Januar bereits 1 Mrd. Euro Gewinn erwirtschaftet. Das ist natürlich super. Herzlichen Glückwunsch, Herr Ackermann. Aber ein DAX-Unternehmen, dessen Ergebnis so unvorhersehbar stark schwankt, ist alles andere als eine sichere Bank. Erst werden überraschenderweise 4 Mrd. Euro verzockt, dann überraschenderweise 1 Mrd. Euro gewonnen, was hat das mit dem Entgegennehmen meiner Spareinlage und der Finanzierung meiner Immobilie zu tun? Ich habe den Eindruck, dass die Banken aus der Krise noch immer keine Konsequenzen für ihr Geschäftsmodell gezogen haben. Die Verunsicherung steigt, obwohl die Deutsche Bank im Speziellen und der Bankensektor im Allgemeinen kräftig zulegen konnte. Ist unser Finanzsystem nun gerettet? Wenn Sie sich die Entwicklung des Goldpreises anschauen, dann kommen Sie zu einem anderen Schluss. Schauen wir uns die Wochenperformance der wichtigsten Indizes einmal an: INDIZES (29.01.2009) Dow Jones: 8.149 | -0,8% DAX: 4.428 | 2,1% Nikkei: 7.994 | -0,4% Euro/US-Dollar: 1,286 | -3,1% Euro/Yen: 115,17 | -4,3% 10-Jahre-US-Anleihe: 2,82% | 0,6 Umlaufrendite Dt: 3,10% | 0,3 Feinunze Gold USD: $921,55 | 11,8% Fass Crude Öl USD: $41,44 | 17,1% Baltic Dry Shipping I: 1036 | 9,6% Der Ölpreis ist um 17,1% angesprungen. Doch dieser große Sprung liegt unter anderem am Rollen des maßgeblichen Kontraktes in den nächsten Monat. Der Aufpreis für den nächsten Kontrakt war sehr groß, die Erwartung eines steigenden Ölpreises war sehr groß. So kam der große Sprung im Ölpreis zustande, ohne dass irgendjemand von Ölknappheit sprach. Wäre der Ölpreisanstieg auf eine steigende Wirtschaftsaktivität zurückzuführen, dann wäre dies ein Zeichen in die Wiederauferstehung des Vertrauens in unser System. Dann müsste der Goldpreis fallen. Doch der hat seinen größten Anstieg seit Monaten vollzogen und sprang um 11,8% an. Man glaubt an der Börse also noch immer nicht daran, dass die nun diskutierten Lösungsschritte wirklich zum Erfolg führen. Für den parallelen Anstieg des Baltic Dry Shippingindex lieferte ein Kunde eine Erklärung, die Sie im Kapitel 06 unter dem aktuellen Kommentar zu unserem Ölkonzern nachlesen können. Wenngleich die Rallye an den Aktienbörsen nur sehr kurz war, so hat sich doch die Stimmung unter den Anlegern deutlich aufgehellt. Der Anteil der Bullen ist von 52% auf 55% gestiegen. Hier die Sentimentdaten: SENTIMENTDATEN ANALYSTEN: Empfehlungen (Anzahl Empfehlungen): Kaufen / Verkaufen 9.-16. Jan (229): 48% / 52% 17.-22. Jan (192): 50% / 50% 23.-30. Jan (180): 50% / 50% ANALYSTEN KAUFEMPFEHLUNGEN Software AG OMV AG ANALYSTEN VERKAUFEMPFEHLUNGEN Bulgari HypoRealEstate PRIVATANLEGER KAUFEMPFEHLUNGEN: Royal Bank of Scotland Barclays PRIVATANLEGER VERKAUFEMPFEHLUNGEN: Volkswagen HypoRealEstate Bullen / Bären Index Aktuell 55% Bullen (Plus 3% im Vergleich zur Vorwoche!) Bisheriges Tief war Ende November bei 35% Bullen Die Sentiment-Daten wurden in Zusammenarbeit mit Sharewise erstellt: http://www.sharewise.com?heibel US-Finanzminister Tim Geithner habe ich in der letzten Woche zerrissen. Ich bin jederzeit bereit, meine Ansicht über ihn zu korrigieren, wenn er Anlass dazu gibt. Doch die wichtigen Aktionen dieser Woche wurden allesamt von anderen Personen initiiert bzw. an die Öffentlichkeit gebracht. Mag sein, dass er Drahtzieher oder zumindest Unterstützer dieser Aktionen ist, aber auf sein Meisterstück warte ich noch. Für mich stachen diese Woche zwei Personen mit ihren Aussagen heraus: Obama und Bernanke! Und zwar beide im positiven Sinne. Ja, auch Bernanke! | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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