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COMMERZBANK TEILVERSTAATLICHUNG.
Nein, immer wieder wird von allen Beteiligten beteuert, dass es sich nicht um eine Teilverstaatlichung der Commerzbank handelt. Der Staat hält nur lediglich 25% plus einer Aktie an dem Unternehmen und schickt zwei Staatssekretäre in den Aufsichtsrat. Nun, ich weiß nicht, wie eine Teilverstaatlichung sonst noch aussehen muss. Es wird nun erwartet, dass die Commerzbank im Gegenzug für die 10 Mrd. Euro-Hilfe für die Übernahme der Dresdner Bank günstige Kredite wird ausgeben müssen. Gut für die Wirtschaft, schlecht für die Commerzbank. In meiner DAX 30 Studie im Dezember folgerte ich für die Commerzbank: „Ich kann mir also kaum vorstellen, dass die Commerzbank auf absehbare Zeit für Aktionäre eine gute Anlage darstellt." Der Finanzmarkt kann sich aus eigener Kraft nicht aus seiner Misere retten, ich würde weiterhin die Finger von Bankaktien lassen. SELBSTMORD MERCKLES EIN TRAURIGES SPIEGELBILD DER WIRTSCHAFT „Gier" wurde ihm nachgesagt, dem fünftreichsten Deutschen. Im Heibel-Ticker habe ich mich an dieser Hetze nicht beteiligt, da ich zuvor mehr über die Hintergründe erfahren wollte. Inzwischen sind weitere Details bekannt und die Fehlspekulation des Jahrhunderts mündete in eine Tragödie. Adolf Merckle, Gründer von Ratiopharm und Mehrheitseigner von Heidelberg Zement hat Anfang dieser Woche Selbstmord begangen. Zuvor hatte er alle Bedingungen der Banken akzeptiert, die zur Rettung seines Unternehmensverbundes gestellt wurden. Bedingungen, mit denen sich die Banker wieder einmal zur höchsten Instanz der Wirtschaft aufschwangen. Die Tragödie begann nicht erst mit der Fehlspekulation Merckles in den VW Aktien: Er steckte hinter dem Shortsqueeze, der die VW Aktie auf über 1.000 Euro jubelte. Er hatte die VW Aktien in großem Stil leerverkauft und damit auf fallende Kurse gesetzt. Doch mangels Liquidität konnten anschließend nicht mehr genug Aktien gefunden werden, um seine Short-Positionen zu decken und die Zwangseindeckungen führten zu dem uns inzwischen bekannten Kursfeuerwerk, an dessen Ende Merckle einige hundert Millionen Euro verloren hatte. Doch dieser Tragödie war bereits eine unternehmerische Fehlentscheidung vorausgegangen: Für Heidelberg Zement hatte Merckle ein britisches Unternehmen übernommen, für dessen Übernahme hohe Kredite aufgenommen wurden. Als anschließend der Finanzmarkt kollabierte, war diese Finanzierung in Not geraten. Fundamental betrachtet und mit dem unternehmerischen Näschen, das Merckle in seiner Laufbahn mehrfach unter Beweis gestellt hatte, war es eine aussichtsreiche Chance, die Kreditprobleme durch Spekulationsgewinne aus einem VW-Leerverkauf zu retten. Dass Porsche natürlich voll dagegen hält und Aktienoptionen kauft ohne Rücksicht auf den steigenden Kurs, das hätte Merckle nicht erwartet. Aber so ist das in der Wirtschaft: Schuster, bleib bei Deinem Leisten! Merckle hätte nicht ein Unternehmensproblem durch Finanzmarktspekulationen zu lösen versuchen dürfen. Vermutlich stand ihm da sein eigener erfolgsverwöhnter Stolz im Weg. Vermutlich hat er in seinem Leben schon häufiger durch mutige Entscheidungen große Erfolge erzielt. Diesmal ging es nach hinten los und sein Lebenswerk war somit in Frage gestellt. Für Merckle war es schlimm genug, als Bittsteller zu den Banken zu gehen – aber diesen Weg beschritt er. Doch die Bedingung der Banken, er müsse sich aus der unternehmerischen Verantwortung zurückziehen, traf ihn wohl am härtesten. Ratiopharm sowie gegebenenfalls weitere kleinere Unternehmensbeteiligungen werden verkauft. Von den 100.000 Mitarbeitern in den von ihm kontrollierten Unternehmen werden wohl einige nach Hause geschickt. Einige Mitarbeiter, die sich ihm und seinen Unternehmen anvertraut hatten. Es ist meiner Ansicht nach nicht zu entschuldigen, dass Merckle mit VW-Spekulationen unternehmerische Probleme auszugleichen versuchte. Ihn dafür jedoch ganz aus der unternehmerischen Verantwortung drängen zu wollen, ist eine Arroganz der Banken, die ich nach dieser Finanzmarktkrise nicht mehr für möglich gehalten hätte. Vor seinem Selbstmord hat er alle notwendigen Unterschriften geleistet, um den Schaden für seine Unternehmen so gering wie möglich zu halten. Es wird Entlassungen geben. Es wird ein anderer Führungsstil einziehen in seine Unternehmen. Dies wollte Merckle offensichtlich nicht mit ansehen müssen. In meinen Augen ist ein Selbstmord keine Option. Ich kann die Verzweiflung Merckles nachvollziehen, aber ich hätte mir gewünscht, dass er an der Lösung der von ihm erzeugten Probleme mitarbeitet, so gut es geht. Schade, dass er dies nicht zugelassen hat. Ganz im Gegensatz zu dem nächsten Mann, dessen Geschichte in einem völlig anderen Licht gesehen werden muss: MADOFF SIEHT DIE BÖRSE NUR ALS ROULETTE-TISCH „Das, was der eine an der Börse verdient, muss ein anderer verlieren", sagte Madoff in einem Verhör, das ich in diesen Tagen sah. Diese Ansicht ist mir nicht neu, ich hasse diese Sicht der Dinge. An der Börse gibt es schlechte Firmen und gute Firmen. Je besser ein Unternehmen ist, desto mehr Anleger kaufen Aktien von diesem Unternehmen, der Aktienkurs steigt und das Unternehmen hat eine immer größere Kapitalbasis mit deren Hilfe es weitere Expansionen vorantreiben kann. Durch diesen Allokationsprozess wird dafür gesorgt, dass die besten Unternehmen unterstützt werden, investieren können, Arbeitsplätze schaffen und wachsen. Es wird ein Mehrwert geschaffen, an dem wir als Aktionäre partizipieren. Gut, dieser Mehrwert liegt häufig bei „nur" 5-7% pro Jahr, gute Unternehmen schaffen langfristig vielleicht über 10% und wenn Sie nachhaltig über 20% schaffen, dann können Sie sich zu den besten Investoren der Welt zählen. In einer Welt, in der durch „Leverage", durch Optionen und moderne Finanzmarktinstrumente Kurssprünge von 30% und mehr an einem Tag nicht selten sind, da kann man schon mal den Glauben an die sinnvolle Allokationsfunktion der Börse verlieren. Bernie Madoff hatte diesen Glauben leider verloren. Und wenn Madoff die grundlegende Funktion der Börse nicht verstanden hat, ist es für mich ein Rätsel, wie die reichsten Menschen der Welt ihm ihr Geld anvertrauen konnten. Aber damit nicht genug: Madoff lacht nicht nur über die Börse, er hat auch nicht den Funken von Anstand. In den vergangenen Tagen wurde bekannt, dass er Werte in Höhe von 16 Mio. US-Dollar per Post an Freunde und Verwandte schickte, um sie dem Zugriffsbereich der Ermittlungen zu entziehen. Darüber hinaus hat er Gelder ins Ausland geschafft. Diesen Geldern laufen die Ermittler nun ebenfalls nach. Madoff wurde von seinen eigenen beiden Söhnen verpfiffen. Sie können nun entweder den Kopf darüber schütteln, wie schlecht das Verhältnis zwischen dem Vater und seinen Söhnen war, oder darüber, wie schlimm das Geschäftsmodell Madoffs war, dass die Söhne ihren eigenen Vater anzeigten. Ich glaube, das Verhalten Madoffs hat den Söhnen geholfen, sich von ihrem Vater zu distanzieren und letztlich dieses organisierte Verbrechen aufzudecken. 50 Mrd. US-Dollar will Madoff verbrannt haben. Dagegen ist Merckle ein Waisenknabe. Und statt sich um die Geschädigten zu kümmern, wie es Merckle für seine Mitarbeiter versuchte, verwendet Madoff seine Energie darauf, seine eigenen Pfründe beiseite zu schaffen. Madoff hat sehenden Auges über mehrere Jahrzehnte Kunden betrogen. Merckle konnte die Schmach einer unternehmerischen Fehlentscheidung nicht ertragen und versuchte mit einer weiteren Fehlentscheidung seinen Mitarbeitern (und seinem Ego) zu helfen. Merckle hat sich das Leben genommen, Madoff läuft noch immer frei herum und ist lachend im Fernsehen zu sehen. Lachend, weil er das ganze „Spiel an der Börse" niemals ernst genommen hat. SATYAM GIBT BILANZMANIPULATION ZU Der indische IT-Dienstleister Satyam gab gestern zu, Zahlungsverpflichtungen niedriger ausgewiesen und Gewinne geschönt zu haben. Das Ganze nicht einmalig in einer Krise, sondern systematisch über viele Jahre. So ziemlich der gesamte aktuelle Bargeldbestand in Höhe von 760 Mio. Euro ist verschwunden. Die Aktie von Satyam ist eingebrochen, das aktuelle Minus beträgt 78%. Wieder wurden die Anleger um ihre Ersparnisse gebracht. TRITTBRETTFAHRER HABEN NUN LENNAR IM VISIER Na, wenn die Verunsicherung schon so groß ist, warum dann nicht auch noch ein Immobilienunternehmen des Betrugs beschuldigen? Das hat sich wohl ein Shortseller gedacht und so startete er das Gerücht, bei Lennar wäre ebenfalls ein Schneeballsystem zugange. Das Bauunternehmen Lennar hat natürlich von den steigenden Immobilienpreisen profitiert: Finanziell schwache Käufer konnten sich teure Häuser leisten, weil sie von anderen noch schwächeren Käufern noch teurer gekauft wurden. Solange die Preise steigen, funktioniert das Schneeballsystem im Immobilienmarkt. Doch das dortige Schneeballsystem ist vor zwei Jahren kollabiert und Lennar ist ein ordentlicher Bauunternehmer, der Stein auf Stein gesetzt hat. Lennar hat nicht nur Geld für nicht existente Häuser entgegen genommen und anschließend als Gewinn ausgezahlt. Lennar hat Häuser gebaut. Der Vorwurf passt also wunderbar in die heutige Tagespresse, entbehrt aber jeder Relevanz. Dennoch ist der Kurs von Lennar heute um 25% eingebrochen. Da sehen Sie, wie groß die Angst ist. Aber diesen Fall wird man nächste Woche schon wieder vergessen haben. UND DIE MORAL VON DER G'SCHICHT... ...dem Finanzmarkt traut man nicht. Wenn Sie nach Moral im Finanzmarkt suchen, dann finden Sie diese vielleicht im Heibel-Ticker, vielleicht noch bei einigen mittelständischen Unternehmen. Überall werden Fehler gemacht, meistens steht man dazu. Doch je größer die Unternehmen werden, desto weniger dürfen Sie darauf zählen, dass die Akteure für ihr Handeln gerade stehen. Die großen Banken schwingen sich trotz der jüngsten Bankenkrise heute schon wieder zu besseren Unternehmern auf. Richtig große Betrüger geben ihre Fehler zu, nehmen das Geld, das sie damit verdient haben und setzen sich zur Ruhe (Madoff, der hoffentlich doch noch hinter Gitter kommt und CEO Raju von Satyam, der einfach seinen Hut nimmt und nun in Ruhe gelassen werden will). Sie glauben, die Finanzmarktkrise ist ausgestanden? Ich warte noch auf Regeln, die solche moralischen Verwerfungen zu korrigieren versuchen. Bis heute habe ich da noch nicht viel von gesehen. Die letzte Ausgabe des Heibel-Ticker schrieb ich vor Weihnachten. Seit dem 18.12.08 gab es die folgenden Kursbewegungen: INDIZES (08/01/2009) Dow Jones: 8,668 | 0.7% DAX: 4,810 | 1.1% Nikkei: 8,860 | 2.2% Euro/US-Dollar: 1.366 | -1.8% Euro/Yen: 124.49 | 0.2% 10-Jahre-US-Anleihe: 2.09% | 0.0 Umlaufrendite Dt: 3.09% | 0.2 Feinunze Gold USD: $855.80 | 2.2% Fass Crude Öl USD: $41.70 | -1.6% Wie erwartet hat sich zum Jahreswechsel nicht viel getan an der Börse: Wenn es auch immer wieder heftige Kurssprünge gab, so wurden diese doch überwiegend wieder ausgeglichen. Unterm Strich haben die Aktienindizes ein wenig zugelegt, der US-Dollar hat sowohl gegenüber dem Euro, als auch gegenüber dem Yen wieder kräftig abgegeben und die Rohstoffpreise befinden sich in einer Bodenbildung. Im heutigen Kapitel 5 habe ich einen detaillierten Blick auf die einzelnen Indizes und deren charttechnische Verfassung geworfen. Während sich die Aktienbörsen in einer hoffnungsvollen Erholungsphase befinden, gibt die jüngste Goldpreisentwicklung Anlass zur Sorge: Im Jahr 2008 hat sich dort ein klarer Abwärtstrend etabliert und ich weiß im Moment nicht, wie dieser beendet werden kann. Die Zinsen sind auf dem Weg nach Süden, wer also noch festverzinsliche Anlagen tätigen möchte, der sollte dies möglichst bald tun. In den nächsten Monaten wird die EZB den Leitzins weiter senken und die Marktzinsen werden dadurch noch weiter in den Keller gedrückt. Schauen wir uns einmal die Sentiment-Daten an, vielleicht geben die mehr Aufschluss über die aktuelle Verfassung der Börse: SENTIMENTDATEN ANALYSTEN: Empfehlungen (Anzahl Empfehlungen): Kaufen / Verkaufen September (781): 60% / 40% Oktober (541): 57% / 43% November (223): 50% / 50% Januar (209): 50% / 50% Häufigste Kaufempfehlung * Hochtief * Publicis Grp. Häufigste Verkaufsempfehlung * Praktiker * UCB S.A. MITGLIEDER: Häufigste Kaufempfehlung * Strateco Resources * Washington Mutual Häufigste Verkaufsempfehlung * BMW * Deutsche Wohnen Bullen / Bären Index Aktuell 63% Bullen (-2% im Vergleich zu Anfang Januar) Bisheriges Tief war Ende November bei 35% Bullen Die Sentiment-Daten wurden in Zusammenarbeit mit Sharewise erstellt: http://www.sharewise.com?heibel Na, während die Analysten nach wie vor ihre Empfehlungen und Kursziele zurücknehmen müssen, werden die privaten Anleger schon wieder optimistisch. Kein Wunder also, dass wir in dieser Woche schon wieder eine Korrektur der zum Jahreswechsel erzielten Gewinne sehen. Kurzfristig war die Euphorie zu groß geworden. Doch insgesamt ist die Stimmung noch immer recht verhalten und eine neue Richtung am Markt ist schwer auszumachen. Weder die inzwischen im Tagesrhythmus erfolgenden Pressekonferenzen von Obama, noch die durchwachsenen Unternehmensmeldungen und auch nicht die Konjunkturdaten vermögen derzeit ein deutliches Stimmungsbild abzugeben. Es bleibt spannend, es ist noch lange nicht bekannt, ob die Wirtschaft schon im Sommer wieder anziehen könnte oder ob wir uns auf noch schlimmere Tage einstellen müssen. Der Ölpreis hatte sich zum Jahreswechsel schon auf 50 USD je Fass erholt. Doch diese Woche erfolgte wieder der Einbruch, heute sogar unter 40 USD/Fass. Der niedrige Ölpreis dürfte nun also der Wirtschaft helfen, oder? Oder ist der eingebrochene Ölpreis ein Vorbote der schlimmen Rezession? Und was haben die Bemerkungen Obamas über die Förderung der erneuerbaren Energien damit zu tun? | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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