Alt 24.09.14, 12:26
Standard Schwacher ifo weckt EZB-Fantasie
Beitrag gelesen: 270 x 

Die schlechte Nachricht: Der ifo-Geschäftsklima-Index ist bereits das fünfte Mal in Folge gefallen. Die Stimmung in den Führungsetagen der deutschen Wirtschaft hat sich stärker als erwartet eingetrübt. Damit zeichnet sich ab, dass die Wachstumslokomotive in Europa weiter an Fahrt verliert. Doch an der Börse wird die Botschaft nicht so negativ gesehen. Denn damit steigt die Hoffnung, dass die Europäische Zentralbank ein Anleihekaufprogramm auflegt, um die Konjunktur zu stimulieren. Der DAX notiert am Mittag mit 0,1 Prozent bei 9.607 Punkten im Plus, für den Euro-Stoxx-50 geht es sogar um 0,4 Prozent auf 3.218 Punkte nach oben.

"Eine Belebung der deutschen Wirtschaftsaktivität zeichnet sich in den kommenden Monaten nicht ab", sagt Ulrich Wortberg von der Helaba. Das wichtige deutsche Konjunkturbarometer ist im September auf 104,7 gefallen von 106,3 im August. Volkswirte hatten im Schnitt mit einem Rückgang auf 105,8 gerechnet. "Wenn es im nächsten Monat noch so einen kräftigen Rücksetzer gibt, dann muss man darüber nachdenken, ob man sich nicht in einem anderen Wachstumsumfeld als dem gegenwärtig prognostizieren befindet", sagt Alexander Krüger, der Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe.

Nach dem enttäuschenden Index erwarten die Marktstrategen der Commerzbank, dass die EZB ein Programm der Quantitativen Lockerung auflegt. Die Analysten sehen gewisse Abwärtsrisiken für die deutsche Konjunkturprognose. Richtig problematisch sei der ifo-Rückgang für die Wirtschaft im Euroraum, die unterliegend kaum wachse. Die Konjunkturprognose der EZB für das kommende Jahr von 1,6 Prozent sei viel zu optimistisch. "Am Ende dürfte die EZB im großen Stil Staatsanleihen kaufen, um ihre Bilanz wie geplant um rund 1.000 Milliarden Euro zu erhöhen", so die Analysten.

Auch Aussagen von seiten der EZB selbst machen hier Mut. "Die Geldpolitik wird für eine lange Zeit konjunkturstützend bleiben", hatte Draghi am Vormittag im Interview mit einem französischen Radiosender gesagt. Der Devisenmarkt setzt ebenfalls darauf, dass die EZB an einem Anleihekaufprogramm im kommenden Jahr nicht vorbeikommt. Das Währungspaar Euro-Dollar notiert bei 1,2850 und damit nahe dem 14-Monats-Tief. Die Bundesanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren rentieren einen Basispunkt leichter bei einem Prozent.

Am deutschen Aktienmarkt steht ein Neuling im Fokus. Der Börsengang der Start-up-Schmiede Rocket Internet wird größer als bislang vermutet. Das Unternehmen will einen Anteil von 24 Prozent für bis zu rund 1,5 Milliarden Euro an die Börse bringen. Die Marktkapitalisierung des gesamten Unternehmens würde dann deutlich über 6 Milliarden Euro erreichen. Erstnotiz soll am 9. Oktober sein. "Die Nachfrage nach den Rocket-Aktien dürfte gewaltig sein", sagt ein Händler.

Dies zeigt auch der Handel per Erscheinen, in dem die Papiere vor dem Börsengang gehandelt werden. Während die Bookbuilding-Spanne bei 35,50 zu 42,50 Euro liegt, stellt Lang & Schwarz die Aktien mit 45 zu 47 Euro bereits deutlich höher. Die Umsätze seien allerdings noch sehr gering.

Im DAX steigt die Aktie von Merck um 2,8 Prozent auf 75,38 Euro, angetrieben von einer Kaufempfehlung der Deutschen Bank, die zudem das Kursziel für die Aktie um 6 auf 85 Euro erhöht hat. Die Analysten gehen davon aus, dass sich eine Übernahme von Sigma-Aldrich sofort positiv auf den Gewinn je Aktie von Merck auswirken wird. Einschließlich Synergieeffekten könne mit einem Ergebnisplus von über 15 Prozent gerechnet werden. Auch die Commerzbank rät zum Kauf von Merck.

Eine Gewinnwarnung der niederländischen TNT lässt deren Aktien um 11 Prozent einbrechen. Schwierigere Geschäfte in Europa machen dem Paketdienstleister einen Strich durch die Rechnung. Im DAX fällt die Aktie des Wettbewerbers Deutsche Post um 0,7 Prozent.

Der Kurs von Air France-KLM legt um 2,1 Prozent zu. Damit profitiert die Aktie vom Ende des Streiks. Gerade wegen der Einigung mit den Piloten sind Marktteilnehmer aber skeptisch: "Die Piloten haben sich durchgesetzt, eine Billigfluglinie wird es nicht geben", sagt ein Händler. Längerfristig sei das negativ.

Auch in der zweiten Reihe am deutschen Aktienmarkt gibt es teils deutliche Kursbewegungen. So verliert die Aktie von Rheinmetall um 1,8 Prozent und setzt damit die Abwärtsbewegung der letzten Tage fort. Negativ wertet die Börse, dass das Unternehmen das Autogeschäft nicht verkaufen will. Zudem sei schwierig, wie sich das politische Umfeld für das Rüstungsgeschäft entwickelt. Im SDAX leidet die Aktie von SGL unter der Gewinnwarnung des US-Wettbewerbers GrafTech und verliert 7,1 Prozent.

Kontakt zum Autor: thomas.leppert@wsj.com

DJG/thl/raz

Copyright (c) 2014 Dow Jones & Company, Inc.
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Dow Jones die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis)  
 Es ist 00:25 Uhr.
Top 



copyright: imagine Grafik - DTP - Webdesign - [AGB / Datenschutz]