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Na, das hätte ich nicht gedacht: In letzter Sekunde hat die US-Mittelstandsbank CIT Group eine Einigung mit ihren Anleiheeignern gefunden: Diese verzichten auf einen großen Teil ihrer Forderung und schießen sogar noch Geld nach. Hat die CIT Group, die ich vor einer Woche schon vor dem Insolvenzrichter sah, nochmals eine Rettungsleine zugeworfen bekommen?
Die Obama-Adminsitration hatte sich zuvor klar gegen eine Rettung mit Staatshilfen ausgesprochen: CIT sei nicht „zu groß“, um insolvent zu gehen. Eine Pleite der CIT Group hätte der Markt nach Ansicht von Tim Geithner und Ben Bernanke verkraften können. So hat CIT es geschaffte, ohne Staatshilfe die Insolvenz abzuwenden ... oder vielleicht auch nur hinauszuschieben. Aber egal, der Markt funktioniert und es gibt Risikokapital für die noch vorhandenen Risiko-Banken mit zu viel Engagement im Bereich der Immobilienderivate. Die Börse, die in meinen Augen am Wochenende zu kippen drohte, nahm diese Meldung euphorisch auf: Die Kurse stiegen und weitere Shorteindeckungen (Short Squeeze) wurden notwendig. So konnte die Rallye fortgesetzt werden. In den folgenden Tagen konnten einige gute Quartalsergebnisse für anhaltend gute Laune auf dem Parkett sorgen. Abgesehen von Apple, die trotz Krise das beste Nicht-Weihnachtsquartal der Geschichte vermeldeten, gab es durch die Bank weg nur gute Ergebnis-Meldungen aufgrund von großen Kosteneinsparungen (Entlassungen!). AMAZON GEGEN EBAY Hier haben sie zwei Internet-Giganten, deren Geschäftsmodell immer wieder auf den Prüfstand gestellt wird. Amazon begann als Buchhändler mit dem Aufbau eines weltweit einzigartigen Logistik-Netzwerkes mit den günstigsten Lieferkosten und der kulantesten und zuverlässigsten Kaufabwicklung. Ebay begann als Online-Auktionshaus und war schon nach wenigen Jahren der unangefochtene Marktführer. Weiteres Wachstum musste her (leider!): Beide Unternehmen stellten ihre Plattform anderen Einzelhändlern zur Verfügung. Bei Ebay finden Sie heute mehr normale Verkaufsangebote als wirkliche Auktionen von gebrauchten Artikeln. Bei Amazon werden längstens nicht mehr nur Bücher verkauft, CDs, Elektronik Büromaterial und seit dieser Woche auch Schuhe werden angeboten. Ebay hat als Vorteil jedoch nur die große Reichweite, um die Produkte an den Mann zu bringen. Preisroboter haben inzwischen jedoch aufgedeckt, dass es immer häufiger günstigere Anbieter der gleichen Produkte gibt, als bei Ebay. Somit stagniert das Wachstum der Auktionen und Verkäufe bei Ebay, aktuell geht es sogar zurück. Amazon hingegen hat nicht nur die große Reichweite zu bieten, sondern darüber hinaus auch die reibungslose Abwicklung. Wenn Sie etwas über Amazon kaufen, dann wird Amazon Ihr Vertragspartner. Bei Ebay wird zwar eine neue Zahlungsmethode angeboten (Paypal) und darüber hinaus gibt es eine Reihe von Versicherungen, aber ihr Vertragspartner bleibt immer noch der Verkäufer. So nimmt Amazon immer mehr Marktanteile von Ebay weg. Und Amazon entwickelt sich zu dem größten Online-Versandhaus der Welt. Quelle ist nicht Pleite gegangen, weil wir eine Wirtschaftskrise haben, sondern weil die Leute bei Amazon bessere Produktbeschreibungen finden, Kundenrezensionen und günstigere Lieferbedingungen. Mit einem KGV von 56 ist Amazon bei weitem nicht günstig. Das Umsatzwachstum beträgt 18%, da wird es auch eine Weile dauern, bis das Bewertungsniveau in vernünftige Regionen wächst. Doch langfristig wird Amazon als Geschäftsmodell weiter Marktanteile erobern. Aktuell ist mir die Aktie zu teuer, daher würde ich trotz der Marktüberlegenheit nicht einsteigen. Ebay hingegen muss künftig auf neue Geschäftsbereiche setzen: Das Unternehmen besitzt noch Skype und möchte diesen Geschäftsbereich im kommenden Jahr an die Börse bringen. Darüber hinaus entwickelt sich Ebay in meinen Augen durch den Zahlungsabwicklungsdienst Paypal immer mehr zu einem Finanzinstitut. Schon heute kommt das hauptsächliche Umsatzwachstum nur noch von Paypal. Wenn Sie also in Ebay investieren, dann sollten Sie sich bewusst sein, dass Sie einen Finanzdienstleister kaufen. Mit einem KGV von 16 ist Ebay dafür noch immer recht hoch bewertet, insbesondere vor dem Hintergrund, dass Umsatz und Gewinn rückläufig sind. Beide Unternehmen haben in meinen Augen ein Geschäftsmodell, mit dem sich in der Zukunft viel Geld verdienen lässt. Doch aktuell ist mir der Kurs zu hoch gelaufen: Beide Aktien haben seit März um über 100% zugelegt, allein in den vergangenen drei Wochen stiegen beide Aktien um über 20% an. Da würde ich mit dem Einstieg bessere Zeitpunkte abwarten. MICROSOFT UND YAHOO! GEGEN GOOGLE Microsoft hat gestern Abend seine Quartalszahlen bekannt gegeben. Mit einem Umsatzeinbruch von 29% ist das Unternehmen inzwischen ein vollständig zyklischer Wert geworden, der keinerlei Einfluss auf seine Umsatzentwicklung hat. 90% der weltweit betriebenen PCs laufen unter Windows, wo soll da noch „überdurchschnittliches“ Wachstum her kommen? Google (OS Chrome) und Intel (Moblin) machen dem Unternehmen nun Konkurrenz beim Betriebssystem, Apple und Linux breiten sich immer weiter aus. Wachstum kann für Microsoft nur noch im Internet zu finden sein. Doch dort ist Google übermächtig. Alleine hat Microsoft nicht mehr die Chance, Google bei seinen Suchergebnissen einzuholen. Bing, die neue Suchmaschine von Microsoft, hatte zwar zu Beginn recht gute Zuwachszahlen. Aber von Null aus ist das keine Kunst. Es bleibt dabei: Microsoft braucht Yahoo!, um eine nennenswerte Internetplattform aufzubauen, die in Sachen Reichweite Google Konkurrenz machen kann. Doch die Übernahmeverhandlungen sind vor einem Jahr an Yahoo!-Chef Yang gescheitert, er wollte unter allen Umständen eigenständig bleiben. Inzwischen ist Yang gegangen, das Geschäft von Yahoo! geht weiter zurück, so auch die Mitarbeiterzahl. Microsoft kann sich in meinen Augen nun wieder einmal um Yahoo! bemühen. Yahoo! hat ebenfalls diese Woche sein Quartalsergebnis veröffentlicht. Der Gewinnanstieg war ebenfalls nur durch den Personalabbau erzielt worden. Der Umsatz ist rückläufig. Doch in dieser Woche hat niemand auf die Umsatzentwicklung geschaut, alle Augen waren auf die überraschend guten Gewinne gerichtet. Wurden noch vor wenigen Wochen die exponentiell ansteigenden Arbeitslosendaten als Grund für eine Rückkehr zu alten März-Tiefständen an den Börsen gesehen, so sind die Anleger heute überrascht von der guten Ertragslage vieler Unternehmen. Diese unterschiedliche Sichtweise ist der aktuelle Zunder unter der Rallye. Schauen Sie sich einmal an, wie die wichtigsten Indizes in dieser Woche gelaufen sind: INDIZES (23.07.2009) Dow Jones: 9.069 | 4,1% DAX: 5.247 | 5,9% Nikkei: 9.944 | 5,8% Euro/US-Dollar: 1,420 | 0,7% Euro/Yen: 135,1 | 2,1% 10-Jahre-US-Anleihe: 3,71% | 0,2 Umlaufrendite Dt: 3,15% | 0,0 Feinunze Gold USD: $950,80 | 1,7% Fass Crude Öl USD: $64,72 | 5,0% Baltic Dry Shipping I: 3.355 | -4,2% Der Ölpreis befindet sich meiner Ansicht nach in einer Gegenbewegung zu dem heftigen Ausverkauf von 73 auf 59 USD/Fass binnen zwei Wochen. Hier erwarte ich kurzfristig eine Rückkehr zu fallenden Ölpreisen. Wir haben nun zwei Wochen in Folge jeden Tag steigende Kurse gehabt. Eine Konsolidierung ist überfällig, denn wie ich im vorangegangenen Abschnitt aufzeigte haben lediglich Kosteneinsparungen für eine bessere Ertragslage gesorgt, die Umsätze sind jedoch noch immer rückläufig. Und man kann sich nicht unendlich reich sparen, irgendwann muss wieder Wachstum her. Der DAX hat heute mit 5.300 Punkten ein Niveau erreicht, das vor zwei Wochen undenkbar war. Er ist aus der Handelsspanne vom April / Mai damit nach oben ausgebrochen. Doch mit 16% Kursgewinn in nur zweieinhalb Wochen wird für den DAX nun die Luft dünn. Schauen wir einmal, wie die Stimmung unter den Anlegern ist: SENTIMENTDATEN ANALYSTEN: Empfehlungen (Anzahl Empfehlungen): Kaufen / Verkaufen 03.-10. Jul (140): 73% / 27% 10.-17. Jul (153): 67% / 33% 17.-24. Jul (154): 61% / 39% ANALYSTEN KAUF Bayer, Air France/KLM, Daimler ANALYSTEN VERKAUF Eni, Wincor, Holcim PRIVATANLEGER: Aktuell 55% Bullen (-12%, 83 Stimmen) Durchschnittlich erwarteter DAX-Endstand für heute: 5.061 PRIVATANLEGER KAUF CIT Group, Colonia Real Estate PRIVATANLEGER VERKAUF Human Genome Science, BMW, GM Die Sentiment-Daten wurden in Zusammenarbeit mit Sharewise erstellt: http://www.sharewise.com?heibel Wie weit werden die Kosteneinsparungen die Aktien noch tragen können? Das IFO-Institut hat heute bereits verbesserte Konjunkturindikatoren veröffentlicht. Werden diese verbesserten Konjunkturdaten schon bald in den Unternehmensergebnissen zu sehen sein, so dass diese Rallye gerechtfertigt ist? Oder ist eine kräftige Konsolidierung der Rallye zu befürchten? | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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