Alt 05.01.12, 21:26
Standard So tickt die Börse: Katastrophen in Sicht
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TURBULENTES JAHR 2012 VORAUS.

Willkommen im Katastrophenjahr 2012. Im Jahr, in dem die Eurozone auseinanderbricht. Im Jahr, in dem die USA zahlungsunfähig werden. Im Jahr, in dem Weltwirtschaftskrise und Hyperinflation gleichzeitig auf uns treffen. Gegenüber 2011 wird es im Jahr 2012 erst richtig schwer, sagt selbst die Kanzlerin. Man könnte auch sagen: Jetzt geht’s erst richtig los!

Ich würde sagen, wenn all diese Katastrophenszenarien bereits bekannt und vielfach sogar erwartet werden, dann werden wir sicherlich im Jahr 2012 nicht erneut einen DAX mit Minus 14,7% erleben. Im Gegenteil!

Die langjährigen Leser unter Ihnen wissen, dass ich irgendein Katastrophenszenario erst in den Folgejahren erwarte, aber noch nicht im Jahr 2012. Und was ist überhaupt eine Katastrophe? Eine Neudefinition des Euros? Eine grundlegende Überarbeitung unseres auseinanderbrechenden Sozialsystems? Eine Neuordnung der politischen Machtverhältnisse in Europa?

Nicht im Jahr 2012.

Erinnern Sie sich bitte an das vergangene Jahr: Der DAX stieg bis ins Frühjahr kräftig an um dann in eine Seitwärtsbewegung überzugehen. Überall wartete man auf den Ausverkauf, der irgendwann in jedem Sommer stattfindet. Doch der blieb aus, bis man dann im Spätsommer langsam Vertrauen schöpfte, die Anleger wurden mutiger und positionierten sich bullisch als dann plötzlich die Staatsschuldenkrise über Europa hereinbrach und viele wenn nicht alle auf dem falschen Fuß erwischte.

Entsprechend heftig war der Ausverkauf im August, und davon hat sich der DAX bis heute nicht wirklich erholt.

Für das Jahr 2012 gibt es schon einige Meilensteine: Im März wird die nächste Griechenland-Anleihe fällig und muss refinanziert werden. Griechenlands Ministerpräsident Papademos hat bereits davor gewarnt, dass eine ungeordnete Insolvenz bevorstehen könnte, falls die Hilfs-Troika aus IWF, EU und EZB den Hellenen nicht weitere finanzielle Hilfen zugestehen.

Bis zum Frühjahr wollen sich die 17 Euroländer, sowie neun der zehn weiteren EU-Länder, auf die Bedingungen des verstärkten Stabilitätspakts mit fiskalischer Integrationskomponente einigen. Das Ergebnis soll dann bis zum Sommer in allen Ländern verabschiedet, genehmigt oder gebilligt werden, damit der ESM zur Jahresmitte in Kraft treten kann.

Für Italien steht das Jahr 2012 für einen gigantischen Refinanzierungsbedarf. Immer wieder wird Italien mit großen Platzierungen an den Markt gehen. Italien ist weltweit der drittgrößte Anleiheemittent und sucht händeringend Käufer. Jede Auktion wird von den Märkten kritisch beobachtet werden.

Im November schließlich gibt es in den USA Präsidentschaftswahlen. Der Demokrat Obama wird gegen einen republikanischen Herausforderer antreten, derzeit sieht es nach Mitt Romney aus. Harte Entscheidungen seitens des Präsidenten Obama sind in diesem Jahr daher kaum zu erwarten, die US-Wirtschaft freut sich stets auf Wahljahre. Doch irgendwann wird die Ungewissheit über den nächsten Präsidenten auf die Stimmung drücken, bis sich ein vermutlicher Sieger herauskristallisiert.

Ich habe keine Kristallkugel, und auch der Nikolaus hat mir nicht verraten, wie die einzelnen Ereignisse ausgehen werden. Somit muss ich mich der jeweiligen Nachrichten- und Stimmungslage entsprechend anpassen und unser Portfolio so ausrichten, dass es im schlechten Fall durch Dividenden und Zinsen abgesichert ist und doch auch im positiven Fall von einer Kursrallye profitieren wird. Im nächsten Kapitel habe ich Ihnen aufgezeigt, wie ich mich auf die einzelnen Meilensteine vorbereiten werde und welche Bedeutung die verschiedenen Ausgänge für die Aktienmärkte haben sollten.

WOCHENRÜCKBLICK

Eine misslungene Kapitalerhöhung der italienischen Bank Unicredit hat bei fehlender politischer Handlungsfähigkeit die EZB wieder auf den Plan gerufen. Zu kurz? Nun, hier die ausführliche Version:

Seit langem kritisiere nicht nur ich, dass die Banken ihre Eigenkapitalquote anheben müssen, um sich gegen gegebenenfalls (m.E. vermutlich) erforderliche Abschreibungen auf Staatsanleihen im eigenen Portfolio zu wappnen. Man hebt die Eigenkapitalquote an, indem man neue Aktien ausgibt und dafür neue Aktionäre sucht, die sie kaufen.

Genau das hat die Unicredit nach der Kursrallye der vergangenen Tage versucht: 7,5 Mrd. Euro brauchte die Bank nach der Vorgabe der europäischen Bankenaufsicht (EBA), doch die Aktien fanden kaum Abnehmer. Die Papiere wurden zu einem Kurs abgenommen, der 43% unter dem errechneten theoretischen Preis der Papiere lag. Zieht man den Aktienkurs der Unicredit von der Vorwoche zum Vergleich heran, so betrug der Ausgabekurs nur ein Drittel davon. Die Aktien wurden angeboten wie faule Eier.

43% Rabatt für Unicredit Aktien. Der Bankensektor wurde gestern ausverkauft. Der Euro brach ein, denn nur durch eine Liquiditätsflutung der EZB sind solche Ereignisse in der Zukunft vermeidbar. 43% Rabatt ist ein Zeichen dafür, dass die Banken in Europa noch immer auf viel zu hohem Kursniveau notieren. Kein Anleger ist gewillt, diese Aktien selbst zu Schnäppchenkursen einzusammeln.

Die Kurse an den Börsen haben sich nur aus einem Grund stabil gehalten: Anleger werteten dieses Ereignis als richtungsweisend für ... die EZB. Denn nur die EZB kann die Märkte mit ausreichend Kapital fluten, damit solche Aktienplatzierungen in der Zukunft nicht mehr im Desaster enden. Und eine Liquiditätsflutung wird als positiv für die Wirtschaft und somit die anderen Aktien wahrgenommen.

Gleichzeitig wurde bekanntgegeben, dass nicht der deutsche Jörg Asmussen zum Chefvolkswirt der EZB gewählt wurde, sondern der Belgier Peter Praet. Eine weitere Schwächung der deutschen Stabilitätskultur in der EZB gilt als konjunkturfördernd und somit ebenfalls positiv für die Aktienmärkte.

Wir erinnern uns: Die Position des Chefvolkswirts wurde zunächst von 1998 bis 2006 durch Otmar Issing wahrgenommen, der somit maßgeblicher Konstrukteur des Euros ist. Sein Nachfolger, Jürgen Stark, warf Mitte letzten Jahres das Handtuch, weil er die Aufkäufe von Staatsanleihen durch die EZB nicht mittragen wollte. Aus Protest gegen die EZB-Politik, die seinen Stabilitätsvorstellungen widersprach, wurde inzwischen bekannt.

Flugs wurde der Berufspolitiker Asmussen als Nachfolger auserkoren und nach Brüssel geschickt. Doch die Franzosen machten Ärger, sie wollten selber den Chefvolkswirt stellen. Nirgends steht geschrieben, dass der Chefvolkswirt ein Deutscher sein muss, und so kam es zum Patt zwischen den beiden Kernländern.

Praet ist eine Kompromisslösung mit der sowohl Merkel als auch Sarkozy offiziellen Angaben zufolge gut leben können. Ihr Autor jedoch kocht vor Wut.

Nun haben wir einen Italiener, der in den ersten Tagen seiner Präsidentschaft den Zins gesenkt hat und inzwischen durch diverse Liquiditätsflutungen den Druck aus den Märkten genommen hat. Ihm wird nun ein Chefvolkswirt zur Seite gestellt, der als „Taube“ gilt, also im Zweifel auch eher die Märkte mit Liquidität flutet um die Wirtschaft zu stützen, als sich auf die Stabilitätskultur zu konzentrieren.

Es ist also soweit: Die stabilitätsverwöhnten Deutschen erhalten eine Weichwährung. Höchste Zeit, die Vermögensanlage entsprechend anzupassen: Weniger Sparpläne, weniger langläufige Anleihen dafür mehr Gold, Unternehmensbeteiligungen (Aktien!) und kurzläufige Anleihen... von Unternehmen natürlich.

Eine kräftige Rezession im Jahr 2012 ist damit in meinen Augen vom Tisch. Höchstens ein kleines Rezessiönchen werden die Währungshüter zulassen.

Schauen wir einmal, wie die einzelnen Indizes auf diese Entwicklungen reagiert haben:

WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES

INDIZES (04.01.2012) | DIFF

Dow Jones: 12.418 | 1,5%
DAX: 6.112 | 3,6%
Nikkei: 8.489 | 0,4%
Euro/US-Dollar: 1,287 | -0,5%
Euro/Yen: 98,8865 | -0,7%
10-Jahres-US-Anleihe: 2,00% | 0,1
Umlaufrendite Dt: 1,57% | 0,1
Feinunze Gold USD: $1.617,10 | 3,1%
Fass Brent Öl USD: $113,57 | 6,2%
Kupfer in US$/to: 7.533 | -0,5%
Baltic Dry Shipping I: 1.552 | -13,2%



Insbesondere der DAX hat diese Woche kräftig zugelegt. Es kommt mir so vor, als kämen internationale Anleger nach Deutschland zurück, weil man bei allen Euro-Turbulenzen gerade in deutschen Unternehmen eine günstige Bewertung sieht.

Auch die Stimmung unter Analysten und Privatanlegern ist recht optimistisch, schauen Sie sich einmal die Sentimentdaten an:

SENTIMENTDATEN

Analysten
Empfehlungen (Anzahl Empfehlungen): Kaufen / Verkaufen
16.12.- 23.12. (358): 53% / 12%
23.12.- 30.12. ( 80): 47% / 21%
30.12.- 05.01. (231): 54% / 8%

Kaufempfehlungen der Analysten
Total S.A., BG Group Plc, Ing Groep NV

Verkaufsempfehlungen der Analysten
Vestas, Hennes + Mauritz, Tui

Privatanleger
51. KW: 67% Bullen (156 Stimmen)
52. KW: 75% Bullen (136 Stimmen)
01. KW: 68% Bullen (122 Stimmen)

Kaufempfehlungen der Privatanleger
Alcatel-Lucent, Electricité de France, 2G Energy

Verkaufsempfehlungen der Privatanleger
Belvedere S.A., Euro Disney


Die Sentiment-Daten wurden in Zusammenarbeit mit Sharewise erstellt: http://www.sharewise.com?heibel
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis)  
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