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Bereits am Montag wurde ein Leck in den Gaspipelines North Stream entdeckt, doch erst am Dienstag Abend kam die Vermutung auf, es könne sich um einen Anschlag handeln. Die Aktienmärkte tauchten umgehend ab, denn ein Anschlag wäre eine neue Dimension der Kriegsführung.
Durch die drei Röhren von North Stream 1 und 2 wird derzeit ohnehin bereits kein Gas mehr geliefert. Eine direkte Auswirkung auf die Gasversorgung gibt es also nicht. Allerdings hat der Anschlag gezeigt, welche Gefahren lauern. Plötzlich sind die bestehenden und genutzten Gaspipelines in Europa in Gefahr, ebenfalls durch Anschläge sabotiert zu werden. Insbesondere die Aktienbörse in Polen brach vor dem Hintergrund dieser Gefahr nochmals drastisch ein. Der DAX hatte Ende der Vorwoche sein bisheriges Tief aus dem Juli bei 12.400 unterschritten und pendelte zwischen 12.200 und 12.400. Am Mittwoch Vormittag wurde dann ein neues Tief bei 11.885 Punkten erreicht. Doch dann folgte die Meldung aus England: Die Bank of England beende ihr Anleihen-Verkaufsprogramm und wechselte auf die Käuferseite, um dem Markt mehr Liquidität zur Verfügung zu stellen. Es ist ein Richtungswechsel, der an den Finanzmärkten wiederum für ein Strohfeuer sorgte. Denn umgehend wurde gemutmaßt, dass die restriktive Geldpolitik der vergangenen Monate vielleicht zu hart war, vielleicht haben die Notenbanken überzogen und die Wirtschaft zu sehr geschwächt. In England zumindest liegt die Konjunktur am Boden und der Richtungswechsel der Bank of England ist ein Eingeständnis, dass man in der derzeit schwachen Verfassung der Wirtschaft die Inflation nicht um jeden Preis bekämpfen kann. Vielleicht, so die Hoffnung vieler Anleger, vielleicht kommt ja auch die US-Notenbank zu einem ähnlichen Schluss? Umgehend sprangen die Finanzmärkte an. Die Rendite der 2 Jahre laufenden US-Staatsanleihe ging von 4,3% auf 4,07% zurück. Sollte tatsächlich das Ende der Zinsanhebungen erreicht sein, so sind Anleihen nun attraktiv. Die rückläufige Rendite befeuerte sodann natürlich auch den Aktienmarkt, der bis zum Abend auf 12.300 Punkte ansprang: +3,5% in wenigen Stunden. Seither wechseln sich die Bullen und Bären ab, ich würde die aktuelle Marktlage als offenen Schlagabtausch bezeichnen. Beide Seiten haben gute Argumente. In Kapitel 4 werde ich darlegen, auf welcher Seite ich mich derzeit sehe. Ich möchte Ihnen einmal eine etwas vereinfachte Version der Geld- und Fiskalpolitik in Bezug auf die Inflation vorlegen. Im Grunde genommen haben Notenbanken und Regierungen jeweils zwei Instrumente, um gegen die Inflation vorzugehen. Sie können zum einen das in Umlauf befindliche Geld der Bevölkerung verknappen oder ausweiten, und sie können zum anderen eigenes Geld in Umlauf bringen oder aber entziehen. Die Notenbank kann über die Zinspolitik beeinflussen, wie viel Geld die Geschäftsbanken dem Markt über neue Kredite zur Verfügung stellen, oder aber entziehen. Je höher der Zins, desto weniger attraktiv wird es für die Geschäftsbanken, Kredite für Investitionen zu vergeben, die gegebenenfalls nicht in der Lage sein könnten, einen Mehrwert in Höhe des Zinses zu erzeugen. Mit den deutlichen Zinsanhebungen in den USA und ersten zaghaften Zinsschritten in Europa wurde dieser Weg bereits eingeschlagen. Außerdem kann die Notenbank eigenes Geld in die Hand nehmen und Anleihen kaufen. Diejenigen, die über die Ausgabe von Anleihen Investitionen finanzieren, treffen auf ausreichend Nachfrage, um ihre Anleihen zu platzieren. Direkte Käufe von Platzierungen sind den Notenbanken untersagt, daher wird die Platzierung von Geschäftsbanken gekauft, die sich dann sicher sein können, die Papiere direkt an die Notenbank weiterverkaufen zu können. Die Notenbank nimmt diese Papiere in ihren Bestand, er wird seit Jahren in der aufgeblasenen Notenbankbilanz gezeigt. Nun haben die Notenbanken ihre Anleihenkäufe beendet und geben in den USA bereits wieder Anleihen aus dem eigenen Bestand zurück in den Markt. So gibt es eine zunehmende Anzahl an Anleihen, die um das zur Verfügung stehende Anlegerkapital konkurrieren. Die Zinsen steigen, dem Markt wird zusätzlich Liquidität entzogen. Auf diese Weise möchte die US-Notenbank die Inflation in den Griff bekommen. Häufig wird dabei vergessen, dass auch der Staat eine nennenswerte Rolle spielt. Denn auch der Staat kann die Inflation beeinflussen. Beispielsweise durch Steuererhöhungen. Werden die Steuern erhöht, dann haben die Menschen weniger Geld zur Verfügung. Der Inflationsdruck würde also abnehmen. Derzeit wird in Deutschland zwar über Dinge wie eine Reichensteuer diskutiert, doch eine Umsetzung ist noch in weiter Ferne. Allerdings gibt es jede Menge "Entlastungspakete", was letztlich nichts andere ist als eine Steuersenkung. Der Staat arbeitet also derzeit in die entgegengesetzte Richtung wie die Notenbanken. Das ist sowohl in Deutschland/ EU der Fall als auch in den USA. Darüber hinaus nimmt der Staat eigenes Geld in die Hand, um über den Bundeshaushalt hinaus weitere Investitionen bspw. in unsere Verteidigung (100 Mrd. EUR) zu tätigen, oder aber einen Gaspreisdeckel einzuführen (200 Mrd. EUR). Auch dieses Geld wirkt dem Bestreben der Notenbank, die Inflation einzudämmen, entgegen. Auch in den USA wurde ein "Inflations-Reduktions-Akt" beschlossen, mit dem das US-Haushaltsdefizit um 238 Mrd. USD reduziert werden soll. Toll, würde ich als Volkswirt gerne ausrufen, doch zum Abfedern der aktuellen Probleme wird gleichzeitig 391 Mrd. USD in Klima und Energie investiert. Hmm, in Summe sieht das für mich so aus, als werde die Wirtschaft damit stimuliert, nicht gebremst. Volkswirtschaftlich betrachtet wird also viel über die Inflationsbekämpfung geredet, doch die Anstrengungen der Notenbanken werden durch die Politik konterkariert. Ich habe hier explizit die volkswirtschaftliche Betrachtung besprochen. Was politisch und gesellschaftlich sinnvoll ist, ist eine andere Frage, die hier den Rahmen sprengen würde. Ich möchte Ihnen nur bewusst machen, dass die Notenbanken allein mitunter überfordert sein könnten, wenn die Politik ALLE negativen Folgen der Inflationsbekämpfung ausgleichen möchte. Schauen wir mal, wie sich die wichtigsten Indizes im Wochenvergleich entwickelt haben: Wochenperformance der wichtigsten Indizes INDIZES (29.09.2022) Woche Δ Σ '22 Δ Dow Jones 29.136 -0,9% -19,8% DAX 12.114 -1,4% -23,7% Nikkei 25.937 -4,5% -9,9% Shanghai A 3.170 -2,1% -16,9% Euro/US-Dollar 0,98 0,7% -13,8% Euro/Yen 141,51 1,8% 8,2% 10-Jahres-US-Anleihe 3,75% 0,08 2,23 Umlaufrendite Dt 2,01% 0,10 2,29 Feinunze Gold $1.665 1,1% -8,7% Fass Brent Öl $87,95 1,9% 11,6% Kupfer $7.565 -1,5% -21,9% Baltic Dry Shipping $1.807 5,1% -18,5% Bitcoin $19.704 4,6% -58,1% | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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