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SONDEREFFEKTE DES BALTIC DRY INDEX.
Nachdem ich Ihnen in der Ausgabe vom vergangenen Freitag eine ausführliche Besprechung der Einflussfaktoren des Baltic Dry Indexes geliefert hatte, war der Wissensdurst einiger Leser nicht gestillt, sondern gerade erst angeheizt. So habe ich aufbauend auf die Besprechung des befreundeten Autors nochmals meine eigenen Informationsquellen aufgesucht. Dabei sind noch einige wichtige Details zutage gekommen. Marc Ewers hatte gezeigt, dass die Schwankungen im Baltic Dry Index weniger von der Aktienmarktentwicklung und weniger von der Größe der verfügbaren weltweiten Transportflotte abhängen, als vielmehr vom Ölpreis. Das traf, grob betrachtet, in den vergangenen Jahren ziemlich gut zu. Doch in den vergangenen Wochen war der Baltic Dry Index von 4.500 auf 1.700 Punkte eingebrochen, während der Ölpreis im gleichen Zeitraum von 70 auf 76 USD/Fass anstieg. Kurzfristig trifft die Abhängigkeit also offensichtlich nicht zu. Um den kurzfristigen Zusammenhang besser zu verstehen, habe ich mir den Index einmal im Detail angeschaut. Der Baltic Dry Index ist ein Preisindex für Transportkosten von Schüttgut auf den Weltmeeren, der sich aus verschiedenen Größenordnungen und Routen zusammensetzt. In den Index gehen verschieden große Schiffe ein, die unterschiedlich viel Tonnen an Schüttgut aufnehmen können. Die Bezeichnung der Schiffsgröße richtet sich nach den Passagen, die mit den Schiffen möglich sind, so heißen die ganz großen Schiffe mit einer Ladekapazität von 165.000 Tonnen Schüttgut „Capesize“. Diese Schiffe sind groß genug, um das Kap der guten Hoffnung (Südafrika, Cape – früher hieß es nicht ohne Grund Kap der wilden Stürme) zu umfahren. Routen um das Kap der Guten Hoffnung gelten als die gefährlichsten Routen auf den Weltmeeren, weil dort Atlantic und Indischer Ozean mit unterschiedlichen Temperaturen aufeinanderstoßen und zu einer besonders wilden See führen. Unzählige Schiffe sind dort bereits gekentert. Schiffe mit einer Kapazität von 72.000 Tonnen sind gerade noch klein genug, um durch den Panama-Kanal zu passen, der den Atlantik und den Pazifik in Mittelamerika miteinander verbindet. Diese Schiffsgröße heißt entsprechend „Panamax“. So gibt es noch die Schiffsgröße Suezmax, die nach den Maßen des Suezkanals bezeichnet wird und noch eine Reihe weiterer Größen. Darüberhinaus gehen in den Baltic Dry Index auch die kleineren Schiffsgrößen wie „Handymax“ und „Small Handy“ ein. Ich habe Ihnen eine Graphik der unterschiedlichen Preisentwicklungen dieser Schiffsgrößen auf meine Webseite gestellt, Sie können die Graphik über den folgenden Link aufrufen: http://www.heibel-ticker.de/BDI.gif Aus der Graphik können Sie sehen, dass die Preisentwicklung der meisten Transportgrößen mittel- und langfristig nur geringen Schwankungen unterliegt, lediglich die Transportkosten für die Riesenschiffe der Capesize-Kategorie unterliegen seit Ende 2007 heftigen Schwankungen. So, wir wissen nun, dass der Baltic Dry Index sich aus verschiedenen Schiffsgrößen zusammensetzt. Ich verzichte hier darauf, die unterschiedlichen Preise für die verschiedenen Transportrouten zu betrachten, da die entsprechenden Daten für mich völlig unübersichtlich und schwer zu interpretieren sind. Ich habe meine Schlussfolgerungen auch ohne diese Daten ziehen können, denn Rückschlüsse auf unterschiedliche regionale Entwicklungen kann ich auch aus anderen Informationsquellen ziehen, wie Sie gleich sehen werden. Doch zuvor möchte ich noch auf einen weiteren Punkt aufmerksam machen: Der Baltic Dry Index gibt die Spotpreise wieder, also die Tagespreise, die Charterer an Reeder bezahlen, um Güter zu transportieren. Typischerweise werden die Preise tageweise berechnet, teilweise auf bis zu 6-Monatssicht. Doch diese kurzfristigen Preisverhandlungen zwischen Charterern und Reedern sind die Ausnahme. Während der Finanz- und Wirtschaftskrise wurden natürlich kaum langfristige Verträge zwischen den Charterern und Reedern geschlossen. Charterer hatten Mühe, die bestehenden langfristigen Transportverträge auszulasten, und so fiel der Baltic Dry Index unter 800 USD/Tag. Die mit langfristigen Verträgen ausgehandelten Transportkapazitäten wurden von den Charterern nicht ausgenutzt und so wurden die Überkapazitäten der Reeder verramscht. Es folgte der für viele überraschende Konjunkturaufschwung, während sich viele schon auf eine Weltwirtschaftskrise eingestellt hatten (Sie erinnern sich wie lange ich hier im Heibel-Ticker meine Meinung über die Aktienrallye gegen die weit verbreitete Erwartung eines Double-Dips oder einer Bärenmarktrallye und ähnliches verteidigen musste). So ist es nicht verwunderlich, dass die durch langfristige Verträge bepreisten Transportkapazitäten bald ausgelastet waren und Charterer händeringend nach weiteren Transportkapazitäten suchten. So sprang vor dem Hintergrund des überraschenden Konjunkturaufschwungs der Baltic Dry Index, der die kurzfristigen Nachfrageschwankungen zeigt, stark an. Als sich sodann jedoch der Aufschwung etablierte, begannen die Charterer wieder langfristige Rahmenverträge mit den Reedern zu schließen. Die Preise von langfristigen (5 bis 10 Jahre laufenden) Rahmenverträgen für die Transporte werden im Baltic Dry Index nicht wiedergegeben. Ich gehe jedoch davon aus, dass heute Rahmenverträge über wesentlich mehr Tonnen existieren als noch vor einem Jahr. Im Umkehrschluss gehen heute also wesentlich weniger Daten in den Baltic Dry Index ein, als noch vor einem Jahr, als viele Charterer ihre Transportbedürfnisse auf dem Spotmarkt eindeckten. Wenig Handelsvolumen führt nicht nur an der Aktienbörse zu starken Preisschwankungen, sondern auch auf dem Spotmarkt für die Transportschiffe. So würde ich aus der Intensität des Ausschlages in der jüngsten Zeit, sowie über das endgültige Preisniveau, nicht mehr relative Schlüsse ziehen, sondern lediglich einen Trend ableiten. Wenn Sie sich nun noch den starken Preisanstieg des BDI im vergangenen Jahr anschauen, dann fällt es nicht schwer sich vorzustellen, dass viele Charterer diese hohen Spotpreise nicht zahlen wollten und lieber auf dem langfristigen Markt mit Rahmenverträgen günstigere Raten vereinbarten – wenn auch mit festen Abnahmemengen. Heute sind die Charterer daher garnicht mehr so abhängig vom Spotmarkt. Auch die Reeder sind dankbar für langfristige Verträge, weil sie auf diese Weise besser kalkulieren können. Eine verlässliche Planung ist Reedern meist wichtiger als die Chance auf eine Überrendite auf dem Spotmarkt mit einem entsprechenden Risiko. So also die aktuelle Entwicklung auf dem Markt der Transportschiffe. Regionale Entwicklungen können wir in China und Indien betrachten: In Indien ist der Monsun dieses Jahr besonders heftig und das führt zu einem Rückgang der dortigen Wirtschaftsleistung, also auch der Transportmengen. In China werden mehr neue Schiffe gebaut als irgendwo sonst in der Welt und insbesondere die riesigen Capesize Schiffe verlassen im Akkord die chinesischen Werften. Einer Branchenstudie zufolge wird derzeit mehr zusätzliche Transportkapazität geschaffen als Bedarf durch den Rohstoffhandel ansteigt. Auch eine solche Entwicklung könnte kurzfristig auf den Preis drücken, jedoch nicht langfristig, wie wir aus der Betrachtung von vor einer Woche wissen. Aus allen diesen Einflussfaktoren schließe ich nun, dass aus der Preisentwicklung des Baltic Dry Index kaum Rückschlusse über die Konjunkturentwicklung gezogen werden können. Es ist jeweils ein Blick ins Detail notwendig, um die verschiedenen Entwicklungen besser einzuschätzen. Ich werde das auch künftig sporadisch tun, doch als wöchentlicher Index ist der Baltic Dry Index nunmehr meiner Einschätzung nach nicht sonderlich sinnvoll. Ich streiche den Index daher aus meiner Index-Übersicht. INDIZES (29.07.2010) Dow Jones: 10.467 | 1,4% DAX: 6.134 | -0,6% Nikkei: 9.537 | 1,1% Euro/US-Dollar: 1,304 | 0,8% Euro/Yen: 112,495 | -0,2% 10-Jahres-US-Anleihe: 3,00% | 0,1 Umlaufrendite Dt: 2,42% | 0,2 Feinunze Gold USD: $1.168,45 | -2,5% Fass Crude Öl USD: $76,80 | -0,8% Baltic Dry Shipping I: 1.942 | 7,8% Diese Woche ist der Baltic Dry Index beispielsweise um 7,8% angestiegen obwohl der Ölpreis rückläufig war. Der Goldpreis ist auf dem Rückzug und ich werde am kommenden Freitag eine detaillierte Betrachtung zum Gold ausarbeiten. Natürlich werde ich mir eine Meinung erst beim Erstellen der Ausarbeitung bilden, doch ich erwarte, dass die Goldhausse nunmehr zunächst eine Verschnaufpause einlegen wird. Wer also noch immer spekulative Goldpositionen offen hat, der sollte sich mit der Idee befassen, diese zu schließen. Die schlechte Performance des DAX gegenüber Nikkei und Dow Jones führe ich auf den angestiegenen Euro-Wechselkurs zurück. Der für die deutschen Exporte hilfreiche billige Euro blieb nur wenige Wochen billig, inzwischen ist der Außenwert der europäischen Währung erneut in einem Aufwärtstrend. Schlecht für die Exportwirtschaft, gut für Ihre Urlaubsreise. SENTIMENTDATEN ANALYSTEN: Empfehlungen (Anzahl Empfehlungen): Kaufen / Verkaufen 09.07.- 16.07. (163): 44% / 15% 16.07.- 23.07. (149): 40% / 12% 23.07.- 30.07. (159): 53% / 12% ANALYSTEN KAUF Fresenius Medical Care, Vossloh, Wincor Nixdorf ANALYSTEN VERKAUF Banco Popular Espanol, Beiersdorf, Puma PRIVATANLEGER: 28. KW 2010: 60% Bullen (69 Stimmen) 29. KW 2010: 53% Bullen (82 Stimmen) 30. KW 2010: 63% Bullen (71 Stimmen) Durchschnittlich erwarteter DAX-Endstand für heute: 6.195 PRIVATANLEGER KAUF YRC Worldwide, Sanofi-Aventis, Transocean PRIVATANLEGER VERKAUF Société Générale, Arques, Credit Agricole Die Sentiment-Daten wurden in Zusammenarbeit mit Sharewise erstellt: http://www.sharewise.com?heibel Na, da ist der Optimismus ja sowohl unter den Analysten als auch unter den Anlegern kräftig angestiegen in dieser Woche. Das dürfte an den guten Konjunkturdaten liegen, die in dieser Woche gemeldet wurden, sowohl der Ifo-Index sprang kräftig an, als auch die Arbeitsmarktdaten in Deutschland haben sich positiv entwickelt. In den USA war der Dow Jones gestern Nachmittag plötzlich eingebrochen. Dort kommt derzeit Unsicherheit auf, ob denn der Aufschwung wirklich nachhaltig ist oder nicht. Nachdem in den vergangenen Wochen und Monaten viel mit der Hoffnung gespielt wurde, zeigen nun jedoch die harten Fakten (Konjunkturdaten), dass die US-Wirtschaft noch lange nicht aus dem gröbsten heraus ist. Die Arbeitslosigkeit ist hoch und eine Rückführung der Konjunkturprogramme wird als dramatisch gesehen, denn alleine kann die Wirtschaft noch nicht laufen. US-Notenbankchef Ben Bernanke hat diese Woche dem Kongress Rede und Antwort gestanden. Er hat darin die jüngsten Konjunkturdaten zitiert und von weiter anhaltend notwendigen Maßnahmen der Notenbank gesprochen, um die Wirtschaft zu stabilisieren. An der Börse hätte man lieber gehört, dass die US-Konjunktur sich erholt hat und weitere Maßnahmen der Fed überflüssig seien, doch diesen Gefallen tat Bernanke den Märkten nicht. So rutschte der Dow Jones in Folge dieser Aussagen kräftig ab. Es folgte die Veröffentlichung des Beige Books in den USA, in dem alle Konjunkturdaten der jüngsten Vergangenheit zusammengetragen werden. Nichts Neues also, aber erneut wurde den Anlegern die schwache Verfassung der US-Wirtschaft vor Augen geführt. Die Börsen brachen abermals ein. Und nun hat sich ein Notenbankmitglied in die Medien gespielt und warnt immer wieder vor einem drohenden Konjunktureinbruch. James Bullard ist derzeit täglich in der Presse mit Warnungen vor einer drohenden Deflation, mit einem Vergleich der USA mit dem Japan der letzten fünfzehn Jahre (Deflation!) und mit der Forderung nach weiteren Schritten seitens der US-Notenbank, um die Liquiditätsversorgung in den USA auszuweiten. Jedes Mal, wenn James Bullard in den Medien erscheint, starte ein Ausverkauf an den Aktienbörsen. Gestern konnte dieser Ausverkauf jedoch zum ersten Mal im weiteren Tagesverlauf wieder ausgeglichen werden, der Dow Jones schloss nur noch mit einem kleinen Minus von 0,29%, nachdem er im Tagesverlauf schon einmal mit einem Prozent im Minus notierte. Für diese pessimistische Erwartung sprechen Quartalsergebnisse von Technologieunternehmen wie Nvidia (Graphikchips) und Akamai (Verfügbarkeitsoptimierung von Daten im Internet). Während Nvidia mich nicht sonderlich überrascht hat, muss ich zugeben, dass ich für Akamai ein besseres Ergebnis erwartet hätte. Aber diese Meldungen werden nur deswegen auf die Titelseite geschoben, weil die Börsen in den vergangenen Wochen so stark angestiegen waren, dass der einer schlechten Meldung folgende Ausverkauf um so heftiger ausfällt. Auf der anderen Seite gibt es aber auch jede Menge gute Quartalsergebnisse wie beispielsweise das von Citrix, ein Internetdienst, der sehr nutzerfreundlich Außendienstler mit der Zentrale verbindet (GotoMyPC oder GotoMyVideo). Über allen diesen Kursschwankungen steht jedoch ein sehr schwaches Handelsvolumen in den Sommermonaten. Und weder Dow Jones noch der DAX sind bislang aus den von mir vor einigen Wochen definierten Handelsspannen ausgebrochen, es gibt also noch keine neue Richtung. So würde ich dem Treiben an der Börse in diesen Sommertagen nicht allzu viel Bedeutung beimessen. Konzentrieren Sie sich auf die Auswertung einzelner Unternehmensergebnisse und ziehen Sie daraus Ihre eigenen Schlüsse, wie wir es mit den Titeln unserer Beobachtungsliste tun. Wenn der Sommer vorbei ist (im September), richten Anleger den Blick auf das kommende Jahr 2011 und auf die entsprechenden Schätzungen und spätestens dann werden wir eine neue Richtung erhalten. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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