Alt 02.05.13, 12:32
Standard Quartalszahlenflut und Zinsfantasie
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Die Akteure an den europäischen Finanzmärkten halten am Donnerstag die Füße bis zur Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) weitgehend still. Alles wartet gespannt, ob die EZB tatsächlich die Zinsen senken wird, nachdem zuletzt weit verbreitete Zinssenkungserwartungen den Aktienmärkten und dem Euro Rückenwind verliehen hatten. Der deutsche Leitindex DAX pendelt seit Handelsbeginn um seinen Schlusskurs vom Dienstag und liegt 0,1 Prozent im Plus bei 7.924 Punkten. Der Euro-Stoxx-50 liegt unverändert bei 2.711 Zählern.

Während die US-Notenbank am Mittwoch wie erwartet keine neuen Beschlüsse gefasst hatte und frische Handelsimpulse damit ausgeblieben waren, wird von der EZB eine Zinssenkung um 0,25 auf 0,50 Prozent erwartet. Sollten die Notenbanker den Leitzins unverändert lassen, dürfte sich Enttäuschung breit machen, wenngleich längst nicht alle Experten eine Zinssenkung als sinnvoll erachten, da sie kaum helfen dürfte, die Kreditvergabe an die Unternehmen insbesondere in Südeuropa anzukurbeln. "Es scheint logisch, dass eine Zinssenkung an den Märkten eingepreist ist", so Analyst Chris Weston von IG.

Leicht enttäuscht haben die Märkte auf diverse Einkaufsmanagerindizes aus dem Euroraum reagiert. Die zweiten Veröffentlichungen der Indizes zeigten zwar meist kleine Verbesserungen, allerdings auf weiter niedrigen und unter der Expansionsschwelle liegenden Niveaus. Der Index für die gesamte Eurozone ging im April auf 46,7 Punkte zurück von 46,8 im Vormonat. Bei der ersten Veröffentlichung war ein Wert von 46,5 ausgewiesen worden.

Am Rentenmarkt sorgt weiter die nach Anlage suchende Liquidität für sinkende Renditen. Bei einer Auktion langlaufender Staatsanleihen sammelte Frankreich 7,9 Milliarden Euro am Markt ein. Dabei sank der durchschnittliche Zinssatz für zehnjährige Papiere auf ein Rekordtief von 1,81 Prozent. Die Renditen entsprechender spanischer und italienischer Papiere am Sekundärmarkt geben in diesem Umfeld weiter nach.

Am Devisenmarkt zeigen sich keine größeren Bewegungen. Die Devisenmarktexperten von Barclays rechnen für den Tag der Zinsentscheidung der EZB mit einem wechselhaften Kursverlauf und tendenziell Gegenwind für den Euro. Euro-Verkäufer dürften kurzfristig das Geschehen dominieren, heißt es, auch wenn der Euro am Mittwoch zwischenzeitlich den Sprung über 1,32 Dollar geschafft habe. Bereits da habe sich aber das auf diesem Niveau zu erwartende Euro-Angebot bemerkbar gemacht und die Gemeinschaftswährung wieder nach unten gedrückt. Aktuell kostet der Euro 1,3167 Dollar, verglichen mit gut 1,3180 Dollar im späten US-Handel am Vortag.

Im Vorfeld der Zinsentscheidung konzentriert sich die Aufmerksamkeit der Marktteilnehmer auf eine Flut an Quartalszahlen. Besonders euphorisch bejubeln Investoren die Zahlen des Halbleiterherstellers Infineon. Dieser hatte die Schätzungen der Analysten sowohl beim Umsatz als auch beim Gewinn übertroffen und zudem einen sehr optimistischen Ausblick auf das Restjahr gegeben. Die Aktie gewinnt 8,1 Prozent und ist damit stärkster DAX-Wert.

Wie erwartet kappte dagegen Siemens die Gewinn- und Umsatzprognose. "Der Markt hat lange auf schlechtere Zahlen und eine Umsatz- oder Gewinnwarnung spekuliert, nun ist sie da", sagt ein Händler. Die Aktie verliert 0,4 Prozent.

Lufthansa gehören mit einem Plus 2,7 Prozent ebenfalls zu den Gewinnern im DAX. "Eigentlicher Grund ist der Tarifabschluss und nicht die Zahlen", sagt ein Händler. Der Tarifabschluss sei durch die Veröffentlichung der Quartalszahlen zu Unrecht in den Hintergrund gedrängt worden. "Das Lohnplus ist eigentlich recht gering", so der Experte: "Hier haben die Gewerkschaften deutlich nachgegeben und sich damit Arbeitsplatzgarantien erkauft. Zudem sei der Airline beim Tarifabschluss etwas Neues gelungen: "Es ist ein Novum, differenzierte Lohnaufschläge für die Teilbereiche durchzusetzen, die deren wirtschaftlicher Entwicklung entsprechen".

Um knapp 1 Prozent nach oben geht es bei BMW. Besser als erwartet sind laut LBBW-Analyst Frank Biller die Quartalszahlen ausgefallen. "Das Ergebnis von 450 Millionen Euro aus dem Bereich Finanzdienstleistungen ist mit eine der größten Überraschungen", so der Analyst. Der Konsens der Prognosen lag bei 389 Millionen Euro.

Beiersdorf gewinnen 1,1 Prozent. Wegen der unerwartet guten Entwicklung bei Tesa sieht equinet bei Beiersdorf Raum für eine Anhebung der Ergebnisprognosen. Auch die Zahlen von Metro kommen gut an, der Kurs steigt um 3,5 Prozent. Positiv sei, dass alle Vertriebslinien außer Cash & Carry in Deutschland im ersten Quartal eine flächenbereinigt positive Umsatzentwicklung erreicht hätten, sagen die Analysten der LBBW.

Abwärts geht es bei Aktien von Fuchs Petrolub. Das Schmierstoffunternehmen hat zwar den Jahresausblick bestätigt, der Jahresstart sei dagegen nicht geglückt, heißt es. „Ich erwarte Gewinnmitnahmen, nachdem die Aktie gut gelaufen ist", so ein Händler. Die Aktie verliert 3,3 Prozent. Im TecDAX verlieren Qiagen 4,3 Prozent. Der Biotechkonzern ist überraschend schwach ins Geschäftsjahr gestartet und hat seine Jahresprognosen reduziert.

Für eine Überraschung hat der britische Energiedienstleister BG Group gesorgt, indem er die kursierenden Erwartungen schwacher Zahlen nicht erfüllte. Ein Treiber für die gute Entwicklung ist nach Einschätzung von RBCCM-Analyst Peter Hutton der steigende Absatz beim Flüssiggas. Zudem habe BG mit einem unveränderten Produktionsausblick überzeugt. Die Aktie gewinnt 2,9 Prozent und stützt damit auch den Energiesektor. Er liegt 0,4 Prozent im Plus und weist damit unter den Subindizes das größte Plus auf.

Im Industriegütersektor bricht die Aktie der österreichischen Andritz um über 16 Prozent ein. Das Unternehmen hat wegen des margenbelastenden starken Wettbewerbs eine Gewinnwarnung ausgegeben. Die Analysten von J.P.Morgan haben schnell reagiert und die Aktie auf "Neutral" von "Overweight" gesenkt. Der Subindex der Industriegüterunternehmen ist mit einem Minus von 0,9 Prozent das Schlusslicht unter den Sektoren.

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