Alt 09.03.07, 19:43
Standard So tickt die Börse: faule Hypotheken belasten zwar, zerstören aber nicht
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Volltreffer, würde ich da sagen: Vergangenes Wochenende habe ich Ihnen den Boden der Korrektur für Montag / Dienstag prognostiziert. Und tatsächlich erreichten Dax und Dow Jones am Montag ihre Tiefststände und ermöglichten am Dienstag früh nochmals kurz den Einstieg zu tiefen Kursen. Seither geht es stetig bergauf.

Hier die Wochenperformance der wichtigsten Finanzmarktindikatoren:

| 8.3.07 | Änd.

Dow Jones: 12.260 | +1,21%
Nasdaq: 2.388 | +0,84%
S&P 500: 1.401 | +1,01%
DAX: 6.713 | +1,67%
Nikkei: 17.090 | -0,74%

Euro/US-Dollar: 1,3132 | -0,45%
Euro/Yen: 154 | -0,15%

10-Jahre US-Anleihe: 4,51% | -0,13%
Umlaufrendite Dt.: 3,95% | 0,00%

Feinunze Gold USD: 651,9 | +1,50%
Faß Crude Öl USD: 63,22 | +2,56%


IMMOBILIENCRASH?

In der abgelaufenen Woche zog der US-Immobilienmarkt erneut die Aufmerksamkeit auf sich. Seit gestern gibt es Gerüchte, daß der Hypothekenfinanzierer New Century Financial (NEW) schon bald in die Insolvenz rutschen könnte. Gestern hat das Unternehmen 265 Mio. USD refinanzieren können, aber das sei nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, gab das Unternehmen bekannt.

Der Kurs von New Century fiel seit Jahresbeginn um 80 %. Allein gestern brach die Aktie um 25 % ein. New Century war besonders im Bereich der „Subprime Mortages", also der zweitklassigen Hypotheken aktiv. HSBC hatte Anfang Februar über erhöhte Zahlungsausfälle in genau diesem Immobilienbereich berichtet. Auch Novastar (NFI) ist in diesem Bereich tätig.

Noch vor zwei Wochen wurden diese Vorgänge am Immobilienmarkt als mögliche Verursacher einer Rezession und somit auch einer Börsenbaisse gehandelt. Ich halte das nach wie vor für Panikmache. Selbst wenn zwei kleine Hypothekenbanken wie New Century und Novastar mit jeweils einer Marktkapitalisierung von 200 Mio. USD pleite gehen, heißt das nicht, daß der Immobilienmarkt einbricht oder daß die US-Wirtschaft strauchelt. Es handelt sich lediglich um den Prozess der natürlichen Auslese, der in einer freien Marktwirtschaft wie der USA üblich ist. Andere Hypothekenbanken werden gestärkt aus dieser Phase hervorgehen.

Doch Sie müssen sich vorstellen, daß an der Börse sowohl Bullen, als auch Bären agieren. Bären sind diejenigen, die auf fallende Kurse setzen. Vorzugsweise Hedgefonds, die aufgrund ihrer weitreichenden Möglichkeiten auch Short gehen können und dies auch tun müssen, wenn sie eine sinnvolle Alternative zu herkömmlichen Fonds darstellen wollen, nutzen solche Situationen, um ganze Marktsegmente herunterzureden.

Stellen Sie sich vor, Sie sind ein Hedgefondsmanager und haben Aktien wie Goldman Sachs und Merrill Lynch geshortet (leerverkauft). Sie hoffen nun also auf fallende Kurse, damit Sie die Aktien mit Gewinn zu einem günstigeren Kurs zurückkaufen können. Doch die Unternehmen liefern ein Superergebnis nach dem anderen ab und Sie verlieren eins ums andere Geld.

Doch dann gibt es einen Bereich, den Bereich der zweitklassigen Hypothekenfinanzierungen, der schlechte Schlagzeilen macht. Dieser Bereich ist zwar fast völlig irrelevant für die Geschäftsentwicklung von Goldman Sachs und Merrill Lynch, und auch die Hypothekengiganten Fannie Mae und Freddie Mac werden von diesem Teilbereich nicht wirklich stark betroffen, aber dennoch ist es eine Negativ-Meldung aus dem Finanzbereich. Sie werden also versuchen, diese Negativ-Meldung irgendwie in Zusammenhang mit den großen Brokern zu bringen.

Sie denken sich also Geschichten aus, dass auch die großen Broker Hypothekenkredite vergeben haben. Dabei unterschlagen sie die Tatsache, daß dort vorwiegend erstklassige Finanzierungen laufen. Aber für eine Negativ-Schlagzeile wird es schon reichen. Oder sie denken sich aus, daß die maroden Hypothekenfinanzierungen zu einem Ausverkauf im Immobilienmarkt führen werden, der dann den ganzen Sektor und die gesamte US-Wirtschaft mit in den Keller ziehen würde. Oder, oder, ...

Ich beobachte die Finanzmärkte seit 1988. Ich war übrigens 1980 Deutschlands erster Internetkunde und habe seither ein gutes Informationsnetzwerk aufgebaut. Für mich ist es nicht wichtig, die Informationen zu erhalten. Informationen sind heutzutage Allgemeingut, jeder hat Zugang dazu. Stattdessen lege ich besonderen Wert auf die Herkunft von Informationen. Ich kenne meine Quellen und ich kann inzwischen recht gut einschätzen, welche Quellen aus Eigeninteresse Unwahrheiten verbreiten und welche Quellen ehrlich und solide recherchieren.

Ich streite nicht ab, daß der Immobilienmarkt in den USA derzeit ein wenig schwächelt. Aber ich bezweifle, daß dies die Ursache für eine Rezession oder eine Börsenbaisse sein kann. Bären werden in den nächsten Wochen noch einige Hiobsbotschaften zum US-Immobiliensektor veröffentlichen und es wird genügend Anleger geben, die darauf hereinfallen und ihre Finanzaktien daraufhin verkaufen.

Spätestens im April, wenn die nächsten Quartalsergebnisse der Broker zeigen werden, daß wieder einmal Rekordgewinne eingefahren wurden, trotz der vermeintlich desaströsen Lage im Immobiliensektor, die den Gewinn um irgendeine kleine Stelle hinterm Komma mindern wird, spätestens dann werden die Finanzaktien wieder eine Kursrallye starten.

AUTOMOBILBRANCHE

Ein weiterer Negativfaktor für die USA ist die Automobilbranche. Detroit, die Heimat der drei großen US-Autobauer, hat die höchste Arbeitslosenquote in den USA. General Motors und Ford haben kräftig Arbeitsplätze abgebaut. Daimlers Tochter Chrysler steht seit einigen Tagen im Verkaufsraum. Auch Chrysler läßt sich wohl nur durch Arbeitsplatzabbau retten.

Toyota und Honda bauen die besseren und beim aktuellen Yenkurs auch billigeren Autos. Aber auch Mercedes und BMW haben attraktive Autos anzubieten und gewinnen gegenüber den amerikanischen Konkurrenten Marktanteile.

Da der US-Dollar gegenüber dem Euro unter- und gegenüber dem Yen überbewertet ist, können Sie nicht die Währung für die schlechte Situation bei den US-Autobauern verantwortlich machen. Meiner Ansicht nach haben die Japaner als erstes erkannt, daß es in Mode kommen wird, energiesparende Autos zu fahren (Hybrid-Autos). Ich habe schon öfter darüber berichtet und mir ist bewußt, daß zwei Motoren in einem Auto nicht unbedingt umweltfreundlich sind, nur weil der Verbrauch geringer ist: Der erhöhte Herstellungsaufwand macht die Umweltbilanz dieser Autos fast zunichte.

Aber darum geht es nicht, es geht um das Image des Umweltfreundes. Und dieses Image wird von den Japanern bedient. Die Deutschen haben hier eine unentschiedene Linie gefahren, die Amerikaner haben der Umwelt überhaupt keine Beachtung geschenkt.

Ich weiß nicht, ob die Amerikaner noch einmal die Kurve kriegen. Die US-Automobilindustrie stand schon häufiger vor dem Aus. Diesmal ist wieder einmal eine verfehlte Modellstrategie der Grund. Erschwerend kommen aber exorbitant hohe Pensionsverpflichtungen hinzu, deren Schuldlast jeden Erfolg aufzehren wird.

Lassen Sie also die Finger von den US-Autobauern. DaimlerChrysler und BMW sind wesentlich besser positioniert und verfügen über großes Aufholpotential. Die Japaner sind jedoch derzeit diejenigen, die gut verdienen.

MARKTBETRACHTUNG

Der Ausverkauf vom Dienstag vor 10 Tagen war überwiegend technischer Natur. Das ist zum heutigen Zeitpunkt klar. Nach Kursanstiegen ohne auch nur die geringste Konsolidierung seit dem Juni 2006 war eine solche heftige Korrektur nicht überraschend.

Nach den Erfahrungen vom vergangenen Mai haben Anleger diesmal schneller reagiert: Innerhalb von wenigen Tagen wurden alle spekulativen Positionen aufgelöst. Ein Nadelöhr war diesmal erstmals das Handelssystem der Deutschen Börse, das zeitweilig von der Orderflut schlichtweg überfordert war. Doch damit befindet sich die Deutsche Börse in guter Gesellschaft: Auch Nasdaq und NYSE hatten ähnliche Probleme.

So schnell wie die Orders bei den Börsen eingingen, kann kein Mensch reagieren. Der Ausverkauf war durch Computerprogramme verstärkt worden. Stopp Limite wurden gezogen, automatische Verkaufsaufträge wurden generiert und verstärkten den Verkaufsdruck. Diejenigen, die aufgrund von technischen Problemen nicht zum Zuge kamen, verkauften in den Folgetagen bis einschließlich vergangenen Montag.

Seither erfolgte eine Gegenbewegung, Dax und Dow Jones sind wieder angestiegen. Doch die Verluste der Vorwoche sind noch lange nicht wett gemacht. Erfahrungsgemäß wird die Börse wieder nahe an ihre Höchststände heran steigen. Doch ob es dann gelingt, diese zu überspringen und neue Höchststände zu erklimmen, oder ob nach dieser Gegenbewegung ein langer, schmerzhafter Abwärtstrend beginnt, das ist die große Frage ...
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis)  
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