Alt 28.05.15, 11:40
Standard Kursdebakel in Schanghai - Gewinnserie in Tokio hält
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TOKIO/SCHANGHAI (Dow Jones) - Ein böses Erwachen haben die rallygewohnten Anleger am Donnerstag an der Börse in Schanghai erlebt. Der Shanghai-Composite brach um knapp 6,5 Prozent ein auf 4.623 Punkte. Vom Tageshoch knapp unter der psychologisch bedeutsamen 5.000er Marke kam der Index sogar um 7,2 Prozent zurück, nachdem er in den vergangenen sieben Tagen immer gestiegen war und auch in den vergangenen Wochen fast nur den Weg nach oben kannte. Angesichts eines Anstiegs seit Jahresbeginn bis zu dem Absturz am Donnerstag um 53 Prozent galt der Markt schon lange als reif für eine Korrektur. Es war das zweitgrößte Tagesminus im laufenden Jahr. Am 19. Januar waren die Kurse um 7,7 Prozent abgestürzt.

Auslöser für den Kursrutsch waren Marktteilnehmern zufolge Anteilsverkäufe an zwei staatlich kontrollierten Banken durch einen chinesischen Vermögensfonds und strengere Nachschusspflichten einiger chinesischer Handelshäuser für kreditfinanzierte Aktiengeschäfte. Dass die Central Huijin Investment Anteile an der Industrial and Commercial Bank of China (ICBC) und an der China Construction Bank verkauft, wurde zwar bereits am Dienstag bekannt, in Foren auf chinesischen Webseiten sei das Thema aber erst am Donnerstag hochgekocht, hieß es.

Unterdessen verschärfte Changjiang Securities am Mittwoch seine Nachschusspflichten, nachdem GF Securities und Haitong Securities zuvor bereits angekündigt hatten, höhere Sicherheiten von ihren Kunden für die Vergabe von Krediten einzufordern. Ende April hatten Shenwan Hongyuan Securities und Donghai Securities mit ähnlichen Schritten aufgewartet.

"Angesichts eines kreditfinanzierten Volumens von nahezu 2 Billionen Yuan werden die institutionellen Anleger vorsichtiger, wenn potenziell eine Blase zu platzen droht", sagte Analyst Li Lei von Minzu Securities.

"Der Markt in China handelt wie ein Jo-Jo". Getrieben wird er vor allem von privaten Anlegern, und die folgen einfach dem jeweiligen Trend. Es ist buchstäblich eine Achterbahnfahrt", kommentierte Research-Experte Steve Wang von Reorient Financial das Geschehen.

"Der Rücksetzer heute könnte aus einem 'verrückten Bullen' einen 'langsamen Bullen' machen", so Analyst Li Shaojun von Minsheng Securities. Jeder Sektorindex habe um mindestens 4 Prozent nachgegeben, betonte Handelsexperte Gerry Alfonso von Shenwan Hongyuan Securities.

Die beiden Bankenaktien ICBC und China Construction Bank beendeten den spektakulären Handelstag mit Verlusten von 5,0 bzw. 5,9 Prozent.

An der Börse in Hongkong ging der Kursrutsch glimpflich vorbei. Der HSI lag bereits zuvor rund 1,6 Prozent im Minus und ging letztlich mit einem Abschlag von 2,1 Prozent aus dem Tag. Händler sprachen von einer gesunden Korrektur nach dem Anstieg um 21 Prozent seit Anfang Mai. Weiter ausgesetzt war die in der Vorwoche aus zunächst unerfindlichen Gründen um fast die Hälfte eingebrochene Aktie von Hanergy Thin Film Power. Wie die Wertpapieraufsicht nun mitteilte, hat sie eine Untersuchung eingeleitet, nachdem das Unternehmen zuvor entsprechende Berichte als Gerüchte bezeichnet hatte.

Nach einer fast zweiwöchigen Handelsaussetzung verloren Sunac China Holdings 5,5 Prozent. Das Unternehmen wird nun nicht mehr bei dem in Schwierigkeiten befindlichen Immobilienentwickler Kaisa Holding einsteigen. Mit einer Übernahme hätte sich Sunac auch an diversen Schlüsselprojekten von Kaisa in China beteiligt. Zu Beginn der Woche hatte Standard & Poor's die Bonitätsnote für Sunac wegen eines erwarteten schwächeren Cash-flows gesenkt, ohne dabei schon einen Einstieg bei Kaisa mit einberechnet zu haben. Die Kaisa-Aktie war weiter vom Handel ausgesetzt.

Während an den meisten anderen Aktienmärkten in Ostasien kleinere Einbußen überwogen, befindet sich die Tokioter Börse weiter auf dem Weg zur längsten Gewinnserie ihrer Geschichte. Der Nikkei-Index legte um 0,4 Prozent zu auf 20.551 Punkte und damit den höchsten Stand seit 2000. Er verzeichnete damit den zehnten Tagesgewinn in Folge. Der bisherige Rekord aus dem Jahr 1988 liegt bei 13 Gewinntagen in Serie.

Rückenwind kam einmal mehr vor allem von der Währungsseite, denn der Yen verlor weiter an Boden. Zum Ende des Handels kostete der Dollar etwa 123,80 Yen, im Handelsverlauf ging er phasenweise mit über 124,20 um, verglichen mit rund 123 zur gleichen Vortageszeit und gut 121,50 Yen zu Beginn der Woche. Davon profitierten wie üblich vor allem Aktien stark exportabhängiger Unternehmen.

Gute Zahlen aus dem Einzelhandelssektor halfen den Kursen ebenfalls auf die Sprünge. Wie aus den Daten für April hervorgeht, erholen sich die Konsumausgaben in Japan schrittweise weiter. Im Jahresvergleich schnellten sie um 5 Prozent nach oben, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass die Ausgaben im Vorjahresmonat stark gedrückt waren wegen der Erhöhung der Mehrwertsteuer.

Zu den Tagesfavoriten gehörten Bankenaktien. Mizuho Financial Group legten um 5,9 Prozent zu, angetrieben von einer Kurszielerhöhung durch die Credit Suisse. Die Analysten rechnen bei der Bank mit einem Aktienrückkaufprogramm. Mitsubishi UFJ Financial Group gewannen 2,3 und Sumitomo Mitsui Financial Group 2,8 Prozent. Im Versicherungssektor legten Sompo Japan Nipponkoa Holdings um 3,1, Tokio Marine Holdings um 3,4 und T&D Holdings um 2,4 Prozent zu. Hier habe die Mittelfristplanung von Sompo gestützt, hieß es. Der Versicherer strebt im laufenden Jahr eine Eigenkapitalrendite von 7,6 Prozent an und erwägt höhere Ausschüttungen an die Aktionäre.

Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

DJG/DJN/gos/smh

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