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Die abgelaufene Woche ist das Paradebeispiel dafür, dass Erwartungen an den Finanzmärkten wichtiger sind als die tatsächlichen Zahlen. Viele Q-Zahlen fielen schlecht aus, aber nicht so schlecht wie befürchtet. Die Aktienmärkte in den USA und in Europa legten in der abgelaufenen Woche kräftig zu.
Auch die Zinsentscheidung der US-Notenbank wurde positiv aufgenommen, obwohl der Zinsschritt um 0,75% auf nunmehr 2,5% gigantisch ist. Doch zuletzt wurde zwischen einem Zinsschritt um +0,75% und +1,0% spekuliert und so ist der tatsächliche Zinsschritt um "nur" +0,75% nicht so groß und damit nicht so schlimm wie befürchtet. An der Konjunkturfront gibt es Verwirrung: Das BIP der USA ist nach -1,6% im Q1 und im Q2 mit -0,9% zum zweiten Mal in Folge geschrumpft. Damit ist die technische Definition einer Rezession erfüllt: Das BIP ist zwei Quartale in Folge zurück gegangen. Trotzdem spricht man noch nicht von einer Rezession. Offiziell wird eine Rezession erst vom National Bureau of Economic Research erklärt, und das ist bislang noch nicht geschehen. Tatsächlich spricht einiges dafür, noch nicht von einer Rezession zu reden: Noch nie gab es in den USA eine Rezession mit nur 3,6% Arbeitslosigkeit. In der abgelaufenen Woche haben die Mega-Tech-Unternehmen ihre Q-Zahlen vermeldet. 20% der Marktkapitalisierung des S&P 500 werden von einer Handvoll FAANG-Aktien gestellt. Die Ergebnisse waren durchwachsen, doch mit Ausnahme von Meta (Facebook) konnten die Aktien dennoch anspringen. Also: Konjunktur schwach, Q-Zahlen schwach, Börse springt an. Wenn die Aktienmärkte trotz der durchwachsenen Zahlen eine positive Performance zeigen, dann spricht vieles dafür, dass die schlimmsten Befürchtungen in das aktuelle Preisniveau eingepreist sind. Nun dürfen wir nicht gleich eine Rallye wie nach dem Coronacrash erwarten, doch die Hoffnung steigt, dass wir inzwischen den Tiefpunkt der Korrektur tatsächlich hinter uns gelassen haben. So wurde der Kursanstieg dieser Woche durch konjunktursensible Finanztitel (Hypoport, DWS group), sowie Energieversorger (Verbio, SMA Solar, Nordex, BayWa) angeführt. Die Schlusslichter bildeten der Einzelhandel und der Gesundheitssektor. In den USA wurden jede Menge Q-Zahlen veröffentlich. In Deutschland wird die Flut der Q-Zahlen in den kommenden zwei Wochen erwartet. Ich werde im Folgenden daher nur kurz ein paar Eindrücke weiterreichen. Ende der Vorwoche schockte SNAP mit schwachen Zahlen seine Anleger, die Aktie brach um 39% ein und zog Meta Plattform (Facebook) und Alphabet (Google) mit in den Abgrund. Am Dienstag senkte der größte US-Einzelhändler Walmart seine Unternehmensprognose. Konsumenten würden mehr Geld für Nahrungsmittel ausgeben (müssen, wegen Preiserhöhungen) und daher weniger für Elektronikartikel übrig haben. Walsmart müssen Preisnachlässe geben, um die überfüllten Lager leer zu kriegen. Diese Prognosesenkung belastete den gesamten Einzelhandel inklusive Amazon und in Deutschland Zalando, Global Fashion, Adidas und Puma. Coca-Cola und McDonalds veröffentlichten am Dienstag bessere Q-Zahlen als erwartet. Gestiegene Beschaffungskosten bei Aluminium und Transport konnten durch Preisanhebungen an den Konsumenten weitergegeben werden. General Motors hingegen konnte die Erwartungen der Analysten nicht erfüllen: fehlende Teile störten die Produktion, so dass weniger Fahrzeuge ausgeliefert wurden als erhofft. Viel besser sah das Q-Ergebnis von Ford aus, die einen Tag später berichteten. Seine Mannschaft "kämpfte" um jeden Chip, sagte CEO Jim Farley und ernte die Früchte der Restrukturierungen der vergangenen Jahre. So konnte der Gewinn je Aktie auf 68 Cents gesteigert werden, Analysten rechneten nur mit 45 Cents. Bei den knappen Batterien hat sich Ford einen chinesischen Anbieter von LFP-Batterien gesichert. Die Batterien sind deutlich billiger als die bislang als Standard verwendeten NCM Batterien, sind dafür aber nicht so leistungsstark. Die Dividende wurde um 50% angehoben und auf den batteriebetriebenen Pickups F-150 Lightning EV müssen Kunden aktuell zwei Jahre warten, weil die Nachfrage nach dem amerikanischen Statussymbol "überwältigend" sei, so Farley. Microsoft konnte ebenfalls die Erwartungen nicht erfüllen. Durch verlängerte Abschreibungszeiten wurde der Gewinn aufgehübscht. Konsumenten zeigten jedoch eine Kaufzurückhaltung. Unberührt von jeglichen Problemen ist das Cloud-Angebot Azure. Insbesondere IT-Investitionen von Unternehmen, also das B2B-Geschäft, wurden von Microsoft als Top-Priorität genannt. Das deckt sich mit meiner Erwartung, dass im Technologiebereich der Konsument durch die schwache Wirtschaft in den kommenden Monaten eher ein Schwächefaktor bei Unternehmen sein wird. Und auch Alphabet konnte die Erwartungen nicht erfüllen. Das Werbegeschäft läuft, brummt aber nicht mehr. Dafür wird mehr in die Google Cloud investiert, was wiederum positiv für Marvell, AMD und Nvidia ist. Meta Plattform veröffentlichte dann am Mittwoch Q-Zahlen. Ähnlich wie bei Alphabet führte der konjunkturelle Abschwung (so nennt man das, wenn es offiziell noch keine Rezession ist) zu schwachen Werbeeinnahmen. Der Umsatz ging erstmals in der Geschichte von Meta leicht zurück (-1%). Der Gewinn lag mit 2,46 USD/Aktie (-32%) deutlich hinter den Analystenerwartungen von 2,59 USD/Aktie. Es fehlt Meta so etwas wie die Google Cloud, mit dem die fehlenden Werbeeinnahmen ausgeglichen werden können. So gab es keinen Lichtblick bei Meta und anders als bei den anderen Mega-Technunternehmen brachen die Aktien von Meta ein (-8%). CEO Mark Zuckerberg versprach, die Ausgaben zu kürzen, um der negativen Entwicklung Rechnung zu tragen. Gleichzeitig betonte er, dass das "Engagement", die Nutzung der Dienste von Facebook, Instagram und Reels (Reels ist das TikTok-Äquivalent von Meta) sehr hoch seien. Ich denke, Meta befindet sich in einem Transformationsprozess. Amazon überraschte am Donnerstag seine Anleger mit überragend guten Zahlen, die Aktie sprang am Freitag um 11% an. Insbesondere nachdem Walmart die eigene Unternehmensprognose gesenkt hatte, waren die Aktien des Online-Händlers stark unter Druck. Doch Amazon ist nicht mit Walmart vergleichbar, weil eine andere Kundenschicht beliefert wird. Der durchschnittliche Amazon-Kunde sei wohlhabender, so die Interpretation eines Analysten, und daher nicht so stark abhängig von Konjunkturschwankungen. Außerdem schickte Amazon 100.000 Mitarbeiter nach Hause, die Mitarbeiterzahl wurde auf 1,52 Mio. reduziert. Während der Corona-Pandemie wurde zusätzliches Personal aufgebaut, um die gestiegene Nachfrage zu bedienen. Vor drei Monaten beklagte der Konzern, man habe zu viele Mitarbeiter. Dies wurde nun offensichtlich korrigiert. Der neue Geschäftsbereich der Werbung im Online-Shop wächst weiterhin überdurchschnittlich. Und auch die Amazon Cloud AWS sorgt weiterhin für hohe Wachstumsraten. Auch Apple konnte positiv überraschen. Nachdem in den vergangenen Wochen Meldungen von Produktionskürzungen beim iPhone die Runde machten, überzeugten 1,8 Mrd. aktive iPhone-Kunden. Umsatz, Gewinn und Gewinnmarge lagen leicht über den Erwartungen. Der Gegenwind seitens Lieferengpässen wurde insgesamt gut gemeistert, wenngleich die Zahlen in einzelnen Produktkategorien durchaus durchwachsen waren. Linde vermeldete Q-Zahlen, die über den Erwartungen der Analysten lagen. Der Umsatz stieg um 12% an, der Gewinn um 15%. Die Vertragsgestaltung von Linde ist meist so, dass gestiegene Energiekosten in den Rahmenverträgen berücksichtigt sind, also nicht zu Mehrkosten führen. Damit ist das Unternehmen recht gut gegen die Inflation geschützt. Allerdings ist das Geschäft stark konjunkturabhängig und so ist der Ausblick vor dem Hintergrund der schwachen Konjunktur recht schwach. Die Aktie konnte dennoch diese Woche ordentlich zulegen (+5%). Schauen wir nun einmal, wie sich die wichtigsten Indizes im Wochenvergleich entwickelt haben. Wochenperformance der wichtigsten Indizes INDIZES (29.07.22) Woche Δ Σ '22 Δ Dow Jones 32.845 2,8% -9,6% DAX 13.484 1,7% -15,1% Nikkei 27.802 -0,4% -3,4% Shanghai A 3.409 -0,5% -10,6% Euro/US-Dollar 1,02 0,0% -9,8% Euro/Yen 136,22 -2,1% 4,2% 10-Jahres-US-Anleihe 2,64% -0,15 1,13 Umlaufrendite Dt 0,77% -0,17 1,05 Feinunze Gold $1.765 2,0% -3,3% Fass Brent Öl $109,90 4,4% 39,5% Kupfer $7.386 0,0% -23,8% Baltic Dry Shipping $2.118 0,0% -4,5% Bitcoin $23.707 1,9% -49,5% | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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