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Zum Beginn der Woche trafen schwache Konjunkturdaten aus China auf den Markt. Der Umsatz im Einzelhandel wuchs nur um 2,7% und lag damit deutlich unter den erwarteten 5%. Bereits im Juni waren es nur 3,1%. Die Industrieproduktion wuchs nur um 3,8%, erwartet worden waren 4,6%. Auch das Wachstum der Industrieproduktion war im Vergleich zum Vormonat (3,9%) rückläufig.
Die chinesische Notenbank senkte den Einlagenzins sowie den Reposatz, die beiden neben dem Leitzins wichtigen Lenkungsinstrumente der Notenbank, um 0,1%. Der Schritt wird als Reaktion, fast schon Panikreaktion auf die schwachen Daten gesehen. Lockdowns belasten die Konjunktur. Der Immobilienmarkt befindet sich im Krisenmodus. Der DAX startete mit einem deutlichen Minus in die Woche, konnte jedoch im Tagesverlauf ins Plus drehen. Die Entwicklung am Montag war typisch für die Gefühlslage deutscher Anleger. China ist ein großer Handelspartner für Deutschland und wenn die chinesische Konjunktur schwächelt, dann trifft das auch Deutschland. Die USA sehen das inzwischen anders. Die meisten US-Unternehmen, die in China groß sind, produzieren die dort verkauften Waren auch in China: Apple, Starbucks, Nike, ... Auf der anderen Seite haben US-Unternehmen unter ex-US-Präsident Donald Trump ihre Abhängigkeit von China drastisch verringert: Produktionsstandorte wurden nach Vietnam oder sogar in die USA verlagert. Eine Konjunkturschwäche in China trifft die USA also deutlich weniger als Deutschland. Unsere Maschinen, die wir nach China verkaufen, werden häufig in Deutschland gefertigt. Eine weitere Folge der Konjunkturschwäche Chinas ist ein nachlassender Nachfragedruck an den Rohstoffmärkten. China kauft seit Jahren sämtliche Rohstoffe der Welt zusammen, um das große Wachstum des Milliardenvolks zu ermöglichen. Sollte von dieser Seite her ein wenig Druck aus dem Kessel genommen werden, so wirkt sich das positiv auf die Inflationserwartung aus: Rückläufige Rohstoffpreise sind die Folge. So fiel der Ölpreis am Dienstag sogar zwischenzeitlich mal unter 86 USD/Fass WTI. Plötzlich knickte auch der letzte Skeptiker, der letzte Bär, der letzte Weltuntergangsprophet ein. Trotz Ukraine-Krieg und einem Gaspreis auf Allzeithoch lief der Ölpreis nicht in Richtung 200 USD/Fass, sondern der Preis fiel. Die Weltwirtschaft wird nicht unter galoppierenden Energiepreisen zusammenbrechen, sondern hat flugs die Lieferketten an die neue, geopolitische Situation angepasst. Öltanker fahren nun halt durchschnittlich ein paar Tage länger zum Zielhafen. Diese Erkenntnis führte zu Panikkäufen. Plötzlich bekamen die zurückhaltenden Anleger Angst, die Rallye zu verpassen, und trieben durch ihre Käufe DAX und Dow Jones sowie alle anderen Indizes auf mehrwöchige Höchststände. Dienstag Abend notierte der DAX zwischenzeitlich über 13.900 Punkte. Ein schneller Lauf in Richtung 14.500 Punkte wurde diskutiert. Doch wer sollte für den Lauf in Richtung 14.500 sorgen? Besonnene Anleger haben sich schon längst long positioniert, wie wir unseren Sentiment-Daten in den vergangenen Wochen entnehmen konnten. Wenn nun Panik-Käufer für ein letztes Aufbäumen sorgen, dann ahnen Sie, was folgen muss: Am Mittwoch ging's dann gen Süden. Von 13.950 ging's ohne Umweg in einer Linie auf 13.600 Punkte: -2,5%. Die höchsten Wochenverluste verzeichnet der Immobiliensektor (-5,4%) mit TAG Immobilien (-13%), Adler Group (-11%) und Instone Real Estate (-10%). Am zweitschlechtesten lief der Finanzsektor (-4%) mit GFT Technologies (-10%), Hypoport (-9%) und Flatex (-8%). Beide Branchen hängen am Zinsniveau und wurden diese Woche von steigenden Zinsen überrascht. Spitzenreiter waren diese Woche die Branchen Grundstoffe (-1,4%) und Chemie (-1,9%). Beide Branchen profitieren von rückläufigen Rohstoffpreisen, insbesondere vom rückläufigen Ölpreis. Verursacher der Inflation Ich habe mir mal angeschaut, wer die Haupttreiber der Inflation sind. 1. Immobilien sind derzeit die Hauptverursacher der Inflation: Häuserpreise und Wohnungsmieten fließen dort hinein. Seit Jahren, Jahrzehnten herrscht ein Wohnungsmangel in den meisten Großstädten Deutschlands. Der Zustrom von Flüchtlingen hat die Situation am unteren Ende der Preiskategorien verschärft. Mietpreisdeckel, Konjunktursorgen und steigende Inflationsraten sorgen dafür, dass die Bautätigkeit deutlich zurückgeht. Aktuell beträgt die Inflationsrate in diesem Bereich 17,7%. Eine wirkliche Entlastung ist an diesem Markt nicht in Sicht. 2. Der Transportsektor ist aktuell mit 12,7% der zweitgrößte Inflationstreiber: Autos, Flüge, Schiffe und Bahntickets. Insbesondere die Verkaufspreise für Neuwagen sind angesprungen. Das hat zwei Gründe: Zum einen haben die Autobauer aufgrund der Chipknappheit eher die großen als die kleinen Autos gebaut. Dort ist die Gewinnmarge größer und die Kunden sind nicht so preissensitiv. Zum anderen sorgte das dadurch verknappte Angebot dafür, dass kaum noch Preisnachlässe gegeben werden mussten, um die wenigen produzierten Autos verkaufen zu können. Wenngleich immer neue Lockdowns in China die Automobilbranche immer wieder vor neue Herausforderungen stellt, so hat man sich doch langsam auf die neue Situation eingestellt, Lagerbestände erhöht und alternative Lieferanten gefunden. Zumindest bei Neuwagen mit Verbrennermotoren dürfte die Knappheit ein Ende haben. Bei Elektrofahrzeugen hingegen sind Batterien der Flaschenhals, der den Preis weiter in die Höhe treiben könnte. 3. Der Ölpreis geht in so ziemlich alle Branchen unserer Gesellschaft ein. Vor einem Jahr notierte der Ölpreis noch bei 60 USD/Fass. Ende 2021 begann der Preisanstieg, der im März seinen Höhepunkt bei 131 USD/Fass fand. Mit aktuell 89 USD/Fass scheinen wir das Schlimmste vorerst überstanden zu haben. Doch günstig ist das Öl noch nicht, immerhin notiert der Preis noch immer um 50% höher als vor einem Jahr. 4. Nahrungsmittel waren im Preis stark angestiegen. An den Nahrungsmittelbörsen sind die Preise für Getreide und Fleisch jedoch bereits wieder stark zurück gekommen. Lebensmittelhändler haben ihre Preise erhöht und es ist fraglich, ob die notorisch unter hauchdünnen Margen leidende Branche die Preiserhöhungen einfach wieder zurück nehmen wird. Aktuell liegt die Inflationsrate in diesem Bereich bei 11,5%. 5. Löhne und Gehälter sind nicht Bestandteil des Warenkorbs und haben daher keinen direkten, sondern nur einen indirekten Einfluss auf die Inflation. Wenn Löhne und Gehälter steigen, haben die Menschen mehr Geld im Portemonnaie und können höhere Preise verkraften. Bislang gab es noch keine nennenswerten Lohnabschlüsse, auf dem Arbeitsmarkt sind jedoch bereits für Neueinstellungen ordentliche Steigerungen zu sehen. Löhne und Gehälter sind nicht der Ursprung der Inflation, können aber zu einem wesentlichen Treiber und Verstärker werden. 6. Lieferkettenprobleme habe ich weiter oben schon angesprochen, sie treffen aber nicht nur die Automobilindustrie, sondern auch viele andere produzierende Branchen bis hin zu Endprodukten. Die Knappheit vieler Güter führt dazu, dass Preisnachlässe in unserer Gesellschaft derzeit kaum mehr zu sehen sind. Vielmehr kauft man derzeit eher früher, als eine Preiserhöhung zu riskieren. Hier ist das Hauptproblem in China und der dortigen Null-Covid-Politik zu sehen. Immer neue Lockdowns verhindern das Einschwingen der Lieferketten, die durch die Corona-Pandemie gestört wurden. Wie an dieser Stelle bereits häufiger betont: Die meisten Preistreiber dürften sich kurzfristig abkühlen. Die nächsten Tarifverhandlungen könnten dann jedoch für einen weiteren Inflationsschub sorgen, der nach einer mehrmonatigen Abkühlungsphase dann eintreten würde. Schauen wir mal, wie sich die wichtigsten Indizes im Wochenvergleich entwickelt haben: Wochenperformance der wichtigsten Indizes INDIZES (18.08.22) Woche Δ Σ '22 Δ Dow Jones 33.999 0,7% -6,4% DAX 13.608 -1,4% -14,3% Nikkei 28.930 1,3% 0,5% Shanghai A 3.414 -0,6% -10,5% Euro/US-Dollar 1,00 -2,0% -11,4% Euro/Yen 137,68 0,6% 5,3% 10-Jahres-US-Anleihe 2,97% 0,12 1,46 Umlaufrendite Dt 1,01% 0,14 1,29 Feinunze Gold $1.753 -2,7% -3,9% Fass Brent Öl $94,85 -3,6% 20,4% Kupfer $8.045 -1,8% -17,0% Baltic Dry Shipping $1.320 -15,2% -40,5% Bitcoin $21.484 -12,9% -54,3% Der Baltic Dry Verschiffungsindex für Schüttgut ist um 15% gefallen, auch der Freightos Baltic Index für Standardcontainer notiert inzwischen wieder unter 6.000 USD, nachdem noch Anfang des Jahres Preise über 10.000 USD aufgerufen wurden. Die Transportkosten sinken rapide. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Preise weiterhin hoch, doch dieser Basiseffekt wird in den kommenden Monaten verschwinden, da der Preisanstieg im Frühjahr 2021 startete. Es bleibt der Preis für Erdgas: Mit 243 Euro muss heute das Dreieinhalbfache hingeblättert werden wie vor Kriegsbeginn, wenn man sich Gas über den Spotmarkt in den Niederlanden besorgt. Auch der Bitcoin geht wieder auf Tauchstation. Hier sehen wir den Zerfall des spekulativen Bereichs der Finanzmärkte: Seit Anfang August wurde BedBath&Beyond als neue Mime-Aktie von 6 USD auf 28 USD gejubelt. Fundamentale Gründe dafür gab es nicht, es wurden lediglich die Leerverkäufer in Zahlungsnot getrieben, so dass diese ihre Positionen unter großen Verlusten auflösen mussten. Gestern hat dann der Finanzinvestor Ryan Cohen, der über seine Beteiligung an BedBath&Beyond drei Aufsichtsratsposten besetzen ließ, sich von seinen Aktien vollständig getrennt. Die Aktie brach gestern um 10 USD auf 18,55 USD ein und notiert heute vorbörslich bei 11 USD. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die 6 USD wieder besucht werden. Darf ein Finanzinvestor so agieren? Rufe nach der US-Börsenaufsicht sind laut geworden. Doch im Grunde genommen brauchte Cohen kein geheimes Insiderwissen, um zu erkennen, dass der Spurt auf 28 USD eher eine finanzmarkttechnische Anomalie ist als ein fundamental berechtigter Bewertungsaufschlag. So wird heute die Luft aus den Feme-Aktien gelassen: GameStop notiert vorbörslich bei -10%, AMC hat gestern noch 10% verloren und notiert vorbörslich bei weiteren -5%. ... und da viele dieser jungen Meme-Spekulanten auch im Bitcoin unterwegs sind, lässt auch der Bitcoin heute kräftig Federn (-10%). | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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