Alt 07.02.09, 15:37
So tickt die Börse: Die Rallye ohne Grund
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Die Konjunkturdaten können schlechter nicht sein, und dennoch halten sich die Börsen relativ stabil. Es scheint, dass nun alles Schlechte in dem Kursniveau enthalten ist und der konjunkturelle Tiefpunkt mit dem größten Arbeitsplatzverlust seit 34 Jahren, dem größten Unternehmensverlust bei Toyota seit 59 Jahren, dem größten Quartalsverlust bei der Deutschen Bank seit 63 Jahren nur als Bestätigung dafür herhalten, dass die Krise ihr Maximum erreicht hat und Besserung erwartet werden kann.

In meinem gestern an alle PLUS-Abonnenten verschickten Monatsbericht habe ich festgestellt, dass insbesondere Japan und China aus börsentechnischer Sicht schon wieder recht gut aussehen. Und tatsächlich scheint die Entwicklung des Baltic Dry Shipping Index von gestern auf heute meiner Theorie Recht zu geben: Über Nacht ist der Index nochmals um über 20% angesprungen, insgesamt legte der Index im Wochenvergleich 44,6% zu. Schauen Sie selbst:


INDIZES (05.02.2009)

Dow Jones: 8.063 | -1,1%
DAX: 4.510 | 1,9%
Nikkei: 8.076 | 1,0%
Euro/US-Dollar: 1,281 | -0,4%
Euro/Yen: 116,66 | 1,3%
10-Jahre-US-Anleihe: 2,95% | 0,1
Umlaufrendite Dt: 3,03% | -0,1
Feinunze Gold USD: $907,70 | -1,5%
Fass Crude Öl USD: $41,17 | -0,7%
Baltic Dry Shipping I: 1.498 | 44,6%



Während in den USA also jegliche Lösungsansätze zerrissen werden, explodiert der Welthandel. Plötzlich schießen die Transportkosten wieder in die Höhe und es ist schwer zu glauben, dass die Erholung der Weltwirtschaft einzig und allein von dem US-Konjunkturpaket abhängen könnte. Zumindest habe ich in den bislang vorgestellten Ideen keine Komponente gefunden, die dem Welthandel helfen könnte – im Gegenteil.

DEUTSCHE BANK: ACKERMANN MUSS MEHR ACKERN, MANN!

Gestern habe ich mir die Analystenkonferenz der Deutschen Bank angesehen. Es wurde der angekündigte Rekordverlust des 4. Quartals vorgestellt, gleichzeitig aber wieder ein Rekordgewinn für Januar vermeldet.

Wie immer machte Ackermann einen souveränen Eindruck. Sein Unternehmen werde sich nun noch konsequenter auf schwere Zeiten einstellen und mögliche Gewinne der Zukunft in den Wind schreiben. Gleichzeitig bezeichnete er die Rekordabschreibung als „kitchen sink Aktion", übersetzt heißt das soviel wie „wir haben alles abgeschrieben, was möglich war und noch mehr!". Er wollte damit den Eindruck erwecken, dass künftig keine weiteren Abschreibungen mehr zu fürchten sind.

Allerdings widersprach er sich selber gleich im nächsten Satz und sagte, dass nicht mehr abgeschrieben wurde, als möglich war, um die 10% Eigenkapitalquote nicht zu unterschreiten.

Also was will er uns nun sagen: Es wurde mehr abgeschrieben als nötig, oder es konnte nicht alles abgeschrieben werden, was nötig war, um die für Banken vorgeschriebene Eigenkapitalquote von 10% nicht zu gefährden?

Kurz danach schwärmte er vom Investmentgeschäft: Die Regierungen dieser Welt pumpen Milliarden in die Wirtschaft und müssen sich diese Milliarden über die Ausgabe von Staatsanleihen, die mit Hilfe der Banken platziert werden, besorgen. Und bei der Platzierung von Staatsanleihen spielt die Deutsche Bank an vorderster Front mit, werde also gut verdienen, so Ackermann.

Hmmm, wenn er da mal nicht die Rechnung ohne den Wirt gemacht hat. Nach dem Linksrutsch in Deutschland (soll diesmal keine Wertung sein, nur die Feststellung, dass Angie von „Verstaatlichug" spricht, als sei es das normalste der Welt) bin ich mir nicht sicher, ob die Deutsche Bank dicke Provisionen kassieren kann, während an anderer Stelle Milliarden in den Finanzsektor gepumpt werden.

Anfang 2008 hatte Ackermann die Konjunkturerholung für Ende 2008 in Aussicht gestellt. Nun stellt er sie für Ende 2009 in Aussicht. Ackermann hat sein Institut sicher hervorragend durch die Finanzkrise gesteuert. Aber unter den Blinden ist der einäugige König und ich sehe darin noch immer keinen ausreichenden Grund, die Deutsche Bank Aktie langfristig zum Kauf zu empfehlen. Ich kann mir höchstens eine kurzfristige Rallye vorstellen.

IMMOBILIENKRISE NOCH LANGE NICHT VOM TISCH

Während wir also in Deutschland mit den Auswirkungen der US-Immobilienkrise kämpfen, versucht Obama mit seinem Finanzminister Geithner Lösungen für die dortigen Probleme zu finden. Doch bislang ist noch nicht viel Brauchbares von den Beiden gekommen.

Ich weiß, nun wird es wieder E-Mails hageln, in denen mein Urteil als zu hart kritisiert wird, oder in dem ich aufgefordert werde, den Beiden doch etwas mehr Zeit zu geben. Aber Zeit ist etwas, das wir nicht mehr haben. Obama selbst hat dies als Devise ausgegeben und versprach schnelles Handeln.

Sein Versprechen hat er auch gehalten, denn er handelt und er handelt schnell. Aber meines Erachtens handelt er noch nicht richtig. In Sachen Hilfe für in Verzug geratene Immobilienkredite hat er noch nichts getan. Und um den Immobilienmarkt anzukurbeln sind Zuschüsse für jegliche Hauskäufe geplant, egal ob das Haus alt oder neu ist.

Doch genau hier setzt meine Kritik an: Es werden noch immer monatlich mehr Häuser neu gebaut, als gekauft werden. Die Bauunternehmen Pulte, Toll Brothers, Lennar und wie sie alle heißen sind allesamt noch am Markt, keines dieser Unternehmen ist bislang pleite gegangen, und das trotz der größten Immobilienkrise seit Jahrzehnten. Die Hilfe, die der Immobilienmarkt dringend benötigt, muss auf die existierenden Häuser beschränkt bleiben. Es dürfen keine neuen Häuser mehr gebaut werden, bis sich die Immobilienpreise zumindest stabilisieren.

In der EU haben wir schon einmal Butterberge vernichtet, um den Butterpreis stabil zu halten. Es graut einem zwar bei einer solchen Vorstellung, aber der Markt hat sich daraufhin schnell erholt und die Versorgung funktionierte anschließend wieder besser.

Nun ist es kaum vorstellbar, dass man in den USA Häuser abreißt, mit der Planierraupe drüber fährt. Doch für die Weltfinanzmärkte wäre das das Beste. Soweit will ich jedoch nicht gehen. Aber zumindest das Subventionieren von Bauunternehmen, die sodann noch mehr neue Häuser bauen können, sollte unterlassen werden.

Am Montag wird Tim Geithner das Konjunkturpaket der USA vorstellen. Schon heute werden die einzelnen Komponenten zerrissen. Dann kann ja nicht mehr viel an negativen Überraschungen folgen, würden Sie meinen. Na, so einfach ist das nicht. Ich werde im nächste Kapitel näher darauf eingehen.

Und trotz all dieser Hiobsbotschaften steigen heute die Märkte. Das gibt es nur, wenn die Marktstimmung am Boden ist. Doch das ist sie nicht, schauen Sie selbst:


SENTIMENTDATEN

ANALYSTEN:

Empfehlungen (Anzahl Empfehlungen): Kaufen / Verkaufen
17.-22. Jan (192): 50% / 50%
23.-30. Jan (180): 50% / 50%
31.-06. Feb (204): 47% / 53%

ANALYSTEN KAUFEMPFEHLUNGEN
Voestalpine
Münchener Rück

ANALYSTEN VERKAUFEMPFEHLUNGEN
Heidelberger Druck
Commerzbank

PRIVATANLEGER KAUFEMPFEHLUNGEN:
BMW
Toyota

PRIVATANLEGER VERKAUFEMPFEHLUNGEN:
Arques
Bank of America

Bullen / Bären Index

Aktuell 55% Bullen (unverändert im Vergleich zur Vorwoche!)
Bisheriges Tief war Ende November bei 35% Bullen


Die Sentiment-Daten wurden in Zusammenarbeit mit Sharewise erstellt: http://www.sharewise.com?heibel


So schlecht ist die Stimmung unter den Anlegern gar nicht. Um so mehr wundert mich dann die Rallye in gerade dieser Marktphase. Da kündigt die Commerzbank die Auslagerung ihrer kritischen Geschäftsbereiche in eine eigene Bad Bank an, und schwups steigen alle Bankentitel an.

Erleben wir hier das Ende der Krise und sehen wir die letzten Aktionen, um die Finanzmärkte wieder zum Funktionieren zu bringen? Oder irren die Anleger und laufen ins offene Messer?
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis)  
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