Alt 07.07.12, 01:28
Standard Arbeitsmarkt schickt Aktienkurse auf Talfahrt
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Weil zu wenige US-Bürger arbeiten, sind die Kurse an Wall Street am Freitag unter Abgabedruck geraten. Denn trotz zuletzt positiver Signale vom US-Arbeitsmarkt kommt der Beschäftigungsaufbau in den USA einfach nicht in Schwung. Mit einem Stellenzuwachs von nur 80.000 wurde die Erwartung einer Zunahme um 100.000 Stellen im Juni deutlich verfehlt. Am Vortag hatte der Arbeitsmarktbericht des privaten Dienstleisters ADP noch Hoffnungen auf eine positive Überraschung geweckt. Als Überraschung wurden die Daten des Arbeitsministeriums dann auch gewertet, aber als negative. Insofern zeigten sich Marktteilnehmer über die Abschläge am Aktienmarkt nicht verwundert. Die mit den Daten ausgelösten Wachstumssorgen waren auch an den Rohstoffmärkten spürbar, wo es ebenfalls kräftig nach unten ging.

Der Dow-Jones-Index (DJIA) verlor 1,0 Prozent auf 12.773 Punkte. Der S&P-500 sank um 0,9 Prozent auf 1.355 Zähler und der technologielastige Nasdaq-Composite fiel um 1,3 Prozent auf 2.937 Stellen. Das Umsatzvolumen lag bei 0,68 (Donnerstag: 0,68). Auf 987 (1.329) Kursgewinner entfielen 2.033 (1.695) -verlierer, unverändert gingen 124 (118) Titel aus der Sitzung. Am Markt wurde auf die Bedeutung des Arbeitsmarktes für die konjunkturelle Entwicklung einer Volkswirtschaft verwiesen, bei der 70 Prozent des BIP am privaten Konsum hängen. "Der Grund für die Talfahrt lässt sich mit der schlechten Entwicklung am Arbeitsmarkt begründen. Allerdings waren die Daten nicht schwach genug, um eine weitere Runde quantitativer Lockerungen durch die US-Notenbank zu rechtfertigen", brachte Marktstratege Keith Bliss von Cuttone & Co das Dilemma der Investoren auf den Punkt.

Zu den düsteren Wachstumsaussichten passten Aussagen von Christine Lagarde, Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF). Die Französin kündigte eine Senkung der IWF-Prognose für das weltweite Wirtschaftswachstum noch im Juli an. Daneben sorgte die Schuldenkrise erneut für Unruhe. Der abermalige Anstieg der Renditen in der Euro-Peripherie deutete auf ein nachlassendes Vertrauen in die EU-Gipfelbeschlüsse vom vergangenen Freitag hin.

Vor dem Hintergrund von Konjunkturschwäche und Eurokrise steuerten Anleger den vermeintlich sicheren Hafen der US-Staatsanleihen an. Deren Notierungen zogen deutlich an und schickten die Renditen auf Talfahrt. Eine zehnjährige US-Anleihe brachte nur noch 1,55 Prozent Ertrag. "Zum dritten mal in Folge ist der Stellenzuwachs unter 100.000 geblieben", begründete Rentenstratege Dan Greenhaus von BTIG die fallenden US-Renditen. Nur der Umstand, dass das US-Schatzamt in der kommenden Woche neue Schuldtitel im Gesamtvolumen von 66 Milliarden Dollar begebe, habe die Talfahrt der Renditen etwas gebremst.

Neben dem Aktienmarkt und den US-Renditen ging es auch für den Euro stramm talwärts. Die Gemeinschaftswährung baute ihre Vortagesverluste im Zuge der Enttäuschung über die EZB-Geldpolitik noch einmal aus und fiel auf ein Zweijahrestief zum Dollar - deutlich unter die Marke von 1,23 Dollar. Angesichts der trüben Konjunktur sei Sicherheit gesucht und die biete der Dollar - nicht aber der Euro, hieß es im Handel. Dollarrally und Wachstumssorgen trieben Investoren aus Rohstoffen. So gaben auch die Preise am Ölmarkt deutlich nach. Dazu gesellten sich Signale aus Norwegen über ein baldiges Ende der dortigen Streiks in der Ölförderindustrie. "Wir gehen davon aus, dass der Ausstand bald endet", sagte die norwegische Arbeitsministerin Hanne Bjurstrom.

Der Preis für ein Barrel der europäischen Referenzsorte Brent mit Lieferung im August fiel an der ICE um 2,5 Prozent bzw 2,51 Dollar auf 98,19 Dollar. Der nächstfällige August-Kontrakt auf ein Fass der US-Sorte WTI ermäßigte sich zum Settlement an der New Yorker Rohstoffbörse Nymex um 3,2 Prozent oder 2,77 Dollar auf 84,45 Dollar. Letztlich drückte die Dollaraufwertung ganz massiv auf den Preis, denn ein steigender US-Dollar macht Öl für Anleger außerhalb des Dollarraums kostspieliger.

Der gestiegene Wechselkurs der US-Devise belastete auch den Goldpreis, der signifikant unter die Marke von 1.600 Dollar die Feinunze rutschte. "Man hätte mit den enttäuschenden US-Daten eigentlich auf einen steigenden Preis setzen können, aber die Euro-Schwäche machte solche Überlegungen zu Nichte", sagte HSBC-Rohstoffanalyst James Steel.

Bei den Einzelwerten standen die Aktien aus konjunktursensiblen Branchen erkennbar unter Druck, hier machten sich die Wachstumssorgen bemerkbar. Caterpillar und Alcoa verbilligten sich um 2,5 bzw 2,2 Prozent. Der Aluminiumverhütter Alcoa eröffnet am Montag nach der Schlussglocke die Berichtssaison in den USA. Regelrecht abverkauft wurden Technologiewerte mit Bezug zur Softwarebranche, wo es Hiobsbotschaften hagelte. Die Anteilsscheine von Seagate Technology verloren 0,5 Prozent auf 25,00 Dollar. Der Anbieter von Laufwerken senkte die Ertragserwartungen für das vierte Geschäftsquartal. Die Titel von Informatica brachen um 27,6 Prozent auf 31,39 Dollar ein. Der Softwarekonzern wartete mit einer Gewinnwarnung auf.

Die trüben Aussichten belasteten auch andere Aktien aus dem Segment für Unternehmenssoftware; Teradata, Citrix Systems, F5 Networks, Autodesk, Red Hat, EMC, JDS Uniphase und Salesforce.com gaben durch die Bank signifikant nach. Im DJIA waren die Papiere des Rechnerkonzerns Hewlett & Packard mit einem Abschlag von 3,5 Prozent auf 19,57 Dollar Schlusslicht.

Die Anteilsscheine des Anbieters von Datenspeichertechnologie Xyratex schnellten dagegen um 6,0 Prozent auf 12,42 Dollar in die Höhe. Die Gesellschaft übertraf die Erwartungen im zweiten Quartal und lieferte einen optimistischen Ausblick auf die laufende Periode. Das japanische Unternehmen ABC-MART übernimmt LaCrosse Footwear für 138 Millionen Dollar, LaCrosse katapultierten um 81,1 Prozent auf 19,88 Dollar empor.

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