Alt 05.07.12, 14:23
Standard Märkte im Bann der Notenbank-Entscheidungen
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Die Wall Street steht am Donnerstag ganz im Zeichen der Notenbanken. Doch die zur Stützung der Konjunktur gedachten Maßnahmen verfehlen bislang ihre Wirkung an den Märkten. Die Europäische Zentralbank hat wie erwartet die Leitzinsen um 25 Basispunkte auf das historisch niedrige Niveau von 0,75 Prozent gesenkt. Zudem hat die Bank of England (BoE), ebenfalls wie von Ökonomen erwartet, ihr Wertpapierkaufprogamm um 50 Milliarden britische Pfund Sterling ausgeweitet. Dazu kommt eine erneute Senkung des Leitzinses in China - immerhin die zweite innerhalb eines Monats. Beobachter werten dies als Signal für die Sorge der staatlichen Stellen in Peking über die Lage der Konjunktur in der zweitgrößten Volkswirtschaft.

Mit Enttäuschung wurden dagegen die Aussagen von EZB-Präsident Mario Draghi aufgenommen, der keine Hinweise auf einen weiteren Langfristtender der Notenbank gab. Der Future auf den S&P-500 liegt 0,2 Prozent im Minus bei 1.366 Punkten, sein Pendant auf den Nasdaq-100 gibt um 0,1 Prozent auf 2.640 Punkte nach. Am Mittwoch fand in den USA aufgrund des "Independence Day" kein Handel statt.

Eine Überraschung hatte die EZB dann aber doch noch parat. Der Einlagensatz wurde auf null gesenkt. Damit bekommen die Institute kein Geld mehr dafür, wenn sie Liquidität bei der EZB hinterlegen. Die Befürworter einer solchen Maßnahme argumentieren, dass den Banken auf diese Weise der Anreiz genommen werde, ihr bei der EZB geborgtes Geld eben dort wieder anzulegen. Skeptiker glauben jedoch nicht, dass dies klappen wird, so lange die Unsicherheit über den Fortgang der Euro-Krise hoch ist. Am Markt macht sich aber eher Skepsis breit: "Dieser Schritt war zu diesem Zeitpunkt nicht notwendig, Draghi hat sich dem Druck der Märkte gebeugt", so ein Händler. Dies sei keine vertrauensbildende Maßnahme.

Doch auch der mit Spannung erwartete US-Arbeitsmarktbericht am Freitag wirft bereits seine Schatten voraus. Der ADP-Arbeitsmarktbericht, ein recht guter Indikator für den offiziellen Bericht, vermeldete für Juni im privaten Sektor einen Stellenzuwachs von 176.000 und lag damit um 68.000 Stellen über der Erwartung. Auch der Vormonat wurde deutlich nach oben revidiert. Aber auch die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe fielen deutlich besser als erwartet aus.

"Damit hat der offizielle Arbeitsmarktbericht erst einmal positives Überraschungspotenzial", erwartet Ralf Umlauf, Marktexperte der Helaba. Zudem stehe die US-Notenbank damit zunächst nicht unter Druck, weitere geldpolitische Maßnahmen aufzulegen, ergänzt ein Händler. Eine letzte wichtige Indikation für den offiziellen Arbeitsmarktbericht liefert die Beschäftigungskomponente des ISM-Index für das Nicht-Verarbeitende Gewerbe um 16 Uhr MESZ.

Mit deutlichen Kursverlusten regieren die Anleihen aus der Euro-Peripherie auf die Draghi-Aussagen. "Wir sehen hier klar ein Risk-off-Szenario", so ein Händler. Die Erwartungshaltung der Marktteilnehmer wurde klar enttäuscht. Die Renditen der zehnjährigen Staatsanleihen aus Spanien springen um 20 Basispunkte auf 6,54 Prozent in die Höhe, die italienischen Anleihen notieren mit einem Plus von 10 Basispunkte bei 5,84 Prozent.

Der Euro kommt mit der Zinsentscheidung der EZB und den Aussagen von EZB-Präsident Draghi deutlicher unter Druck und fällt unter die Marke von 1,24 Dollar. "Die Not ist groß in der Eurozone und die Administration in Gestalt der EZB gibt dem Druck nach", sagt Eugen Keller von der Metzler Bank mit Blick auf die Senkung des Einlagensatzes der EZB. Schon in den Tagen nach dem EU-Gipfel habe der Euro, im Unterschied zu anderen Asset-Klassen, nicht von den Ergebnissen des Treffens profitieren können.

Der überraschend gute ADP-Arbeitsmarktbericht belastete zwischenzeitlich die Notierungen der US-Anleihen. Doch mit den Aussagen von EZB-Präsident Draghi und die ausgebliebenen Hinweise auf einen weiteren Langfristtender der Notenbank legen die Notierungen aktuell wieder leicht zu. Die Rendite der zehnjährigen Papiere steht aktuell bei 1,60 Prozent.

Eine drohende Ausweitung des Streiks in der norwegischen Ölförderindustrie lässt die Notierungen für das "schwarze Gold" leicht steigen. Am Freitag wollen die Gewerkschaften darüber entscheiden, ob der Streik ausgeweitet werden soll. Derzeit sind rund 15 Prozent der norwegischen Ölproduktion betroffen. Zudem steht weiterhin die Iran-Krise mit der Lage in der Straße von Hormus im Fokus der Märkte. Ein Barrel der Sorte WTI kostet aktuell 87,62 Dollar, die Sorte Brent notiert weiter über der Marke von 100 Dollar.

Kontakt zum Autor: thomas.rossmann@dowjones.com

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