Alt 31.01.20, 20:24
Standard So tickt die Börse: Q-Zahlen werden unterschiedlich aufgenommen
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SAP: GEWINNBELASTUNG DURCH ENTLASSUNGEN

Die SAP-Zahlen haben Anleger nicht begeistert. Das Umsatzwachstum blieb mit +8% leicht hinter den Erwartungen zurück. Besonders schwer im Magen liegen den Anlegern die Kosten für den Personalabbau, der erstmals in der Geschichte von SAP erfolgte. Zudem sind Anleger skeptisch gegenüber dem neuen Führungsduo, das Bill McDermott folgte: Christian Klein und Jennifer Morgan müssen sich erst noch das Vertrauen der Anleger verdienen.

Ich halte den Ausverkauf für nicht gerechtfertigt. SAP hatte einige Sonderbelastungen zu verkraften, was auf den Gewinn gedrückt hat. Daher steht das KGV aktuell bei 25. Aber schon für 2021e wird ein KGV von 20 erwartet. Vor dem Hintergrund des zum Umsatzwachstum überproportional hohen Gewinnwachstums ist das KGV für einen Marktführer in Ordnung.

Die Zahlen waren gut, die Unternehmensprognose lag im Rahmen der Erwartungen und das neue Management hat bei mir in mehreren Interviews, die ich gesehen habe, einen guten Eindruck hinterlassen.

SILTRONIC & WACKER CHEMIE VOR TURNAROUND

Siltronic gehört zu 30% der Muttergesellschaft Wacker Chemie. Während sich Wacker auf Silizium für die Solarbranche spezialisiert hat, ist Siltronic in der Chipindustrie unterwegs. Beide Branchen durchschreiten derzeit einen "Boden". Siltronic hat Geschäftszahlen vorgelegt, die nicht so schlimm waren wie befürchtet. Das Unternehmen spricht von einer anziehenden Nachfrage in der Chipindustrie. Wir wissen das ja schon von AMD und Nvidia sowie auch von Skyworks. Laut Siltronic dauert es aber noch, bis sich diese Nachfrage auch im eigenen Konzern bemerkbar macht.

Zwar seien die hohen Lagerbestände an Chips (bspw. Graphikkarten von Nvidia) inzwischen abgebaut. Doch die Chipproduzenten verfügen noch über große Lagerbestände an Silikon-Rohlingen, die nun zunächst zu Chips verarbeitet würden, bevor bei Siltronic neue Bestellungen eingehen.

Dieser Hoffnungsstreif am Horizont reicht Anlegern, um gleich beide Aktien von Wacker Chemie sowie von Siltronic nach oben zu jubeln: Siltronic hat diese Woche um 5% zugelegt, Wacker Chemie sogar um 9%.

DEUTSCHE BANK MIT RIESENVERLUST

Am Donnerstag hat die Deutsche Bank einen Verlust von 5,7 Mrd. Euro vermeldet, Analysten hatten mit 5,0 Mrd. Euro gerechnet. Es ist das siebte Verlustjahr in Folge. Während die Deutsche Bank auch 12 Jahre nach der großen Finanzkrise noch immer mit den Folgen zu kämpfen hat, teilen sich FinTechs die Zukunft des Geldwesens auf: Wirecard, Paypal und Visa haben Einzug in den Alltag gehalten.

Die Deutsche Bank hatte ich zwischenzeitlich auch das eine oder andere Mal empfohlen. Nicht aus Bewertungssicht, sondern rein politisch: Der Exportweltmeister Deutschland braucht einfach eine international gut vernetzte Bank, und das ist eben die Deutsche Bank. Doch die Welt vernetzt sich immer mehr selber und die wichtige Rolle, die Großbanken früher im internationalen Handel übernommen hatten, gibt es immer weniger.

Immerhin sind Anleger nach dieser Hiobsbotschaft davon überzeugt, dass nun endlich, aber wirklich, das Schlimmste überstanden sei. Die Aktie zieht an. Im vergangenen halben Jahr hat die Aktie bereits um 30% zugelegt. Mit den heutigen Zahlen kommen aktuell nochmal 3% drauf.

FACEBOOK VS. TWITTER

Facebook hat gestern Zahlen vorgelegt, die hinter den Erwartungen lagen: 8% Nutzerwachstum ist nicht das, was sich Anleger von einem Wachstumskonzern erhoffen. Da spielt es kaum eine Rolle, dass die halbe Welt bereits auf Facebook unterwegs ist und zweistellige Wachstumsraten daher rein mathematisch ziemlich unwahrscheinlich sind. Immerhin springt der Umsatz überproportional um 27% an. Der Gewinn je Aktie ist aufgrund hoher Investitionen in den vergangenen Monaten jedoch rückläufig.

Dabei ist Facebook günstig bewertet: Das KGV 2021e beträgt 20, der Gewinn soll für fünf Jahre mit durchschnittlich 13% p.a. anwachsen. Da könnte die Aktie gut noch 30% zulegen, ohne zu teuer zu sein.

Twitter, die andere Aktie aus dem überschaubaren Bereich "Socials", hat ein Nutzerwachstum von 13%. Wer also in diesem Bereich noch Wachstum sucht, der orientiert sich jetzt plötzlich an der zuvor vergessenen Twitter-Aktie. Ich denke, genau das ist der Hauptgrund, warum einige Anleger Facebook derzeit verkaufen. Twitter-Zahlen werden für den 6. Februar erwartet. Nach den Facebook-Zahlen ist die Messlatte für Twitter nun recht niedrig aufgehängt.

MICROSOFT WÄCHST WIE EIN STARTUP

Das Umsatzwachstum beträgt 14%, der Gewinn springt um 38% an. Die Microsoft-Cloud Azure ist sogar um 62% angesprungen, Microsoft erobert Marktanteile von Google und von Amazon. Anlegern gefällt das, die Aktie springt um 3% an. Microsoft unter CEO Satya Nadella gehört zu den wenigen Tech-Konzernen, die ihren Zenit schon mal überschritten hatten und nun eine zweite Erfolgsstory schreiben.

Mit einem KGV 2021 von 27 ist das Gewinnwachstum von 18% in meinen Augen weiterhin günstig bewertet. Genau wie Facebook hat auch Microsoft bewertungstechnisch noch Luft nach oben.

APPLE FEIERT IPHONE 11, SERVICES & WEARABLES

Auch Apple hat Zahlen vorgelegt und auch Apple konnte den Skeptikern ein Schnäppchen schlagen. Durch alle Bereiche wurden Rekorde vermeldet. Wearables, worunter die Apple Watch am Arm Ihres Autors genauso gezählt wird, wie die AirPods, waren gefragte Weihnachtsgeschenke. Dienstleistungen haben sich zu einem nennenswerten Geschäft entwickelt und zu aller Überraschung hat das iPhone 11, dessen wesentliche Weiterentwicklung "nur" eine längere Batterielaufzeit sowie eine bessere Kamera waren, den Geschmack der Konsumenten einmal mehr getroffen.

Auch Apple ist mit einem KGV 2021e von 20 in meinen Augen noch immer nicht zu teuer, denn der Gewinn wächst mit 12% p.a.

Wir haben also Apple, Microsoft und Facebook als drei der vier Tech-Giganten, die bereits über eine Billionen US-Dollar wert sind. In meinen Augen haben alle drei gute Zahlen vorgelegt, bei Facebook gibt es jedoch noch Interpretationsunterschiede ;-), denn die Aktie wurde erst einmal ausverkauft.

Was haben diese drei Aktien mit dem Handelsstreit zu tun? Was mit dem Coronavirus? Und was haben sie mit dem Amtsenthebungsverfahren von Donald Trump zu tun? Das sind die drei wesentlichen Stories, die in den USA die Schlagzeilen dominieren und an den Finanzmärkten für Angst und Schrecken sorgen. Diese drei Tech-Giganten haben mit diesen Themen jedoch herzlich wenig am Hut.

VARTA IM LANDEANFLUG

Varta beliefert Apple mit den Knopfbatterien für die AirPods. Sie haben oben gelesen, was für ein Erfolg die AirPods sind. Ihr Autor schwört seit nunmehr 12 Jahren auf die schnurlosen Kopfhörer von Sennheiser, doch die neuen AirPods Pro, die ich in den Weihnachtstagen mal austestete, bringen erstmals das Klangvolumen von normalen Kopfhörern in Ohrstöpsel. Urteil: Wenn neue Kopfhörer fällig werden, sind die AirPods Pro eine brauchbare Alternative.

Die Aktie von Varta ist seit dem Börsengang Ende 2017 von 20 auf zwischenzeitlich 127 Euro angesprungen: Die ganze Welt wird mit Varta-Knopfbatterien ausgestattet. Varta baut dafür neue Fabriken.

Doch seit Anfang Januar hat diese Erfolgsstory Kratzer erhalten, die Aktie zumindest ist um 30% auf nunmehr nur noch 78 Euro eingebrochen. Für mich zeigt sich hier, dass Batterien eben doch ein Massenprodukt sind, die von Wettbewerbern ebenfalls angeboten werden können. Varta hatte einen sprunghaft angestiegenen Bedarf befriedigen können, doch mittelfristig werden sich weder Wachstumsrate, noch Gewinnmarge halten lassen.

AMAZON PRIME ROCKT

Amazon Prime sorgt für volle Kassen, denn kostenfreie Lieferung und diverse Streamingdienste locken immer mehr Kunden in den Prime-Service. Der Umsatz von Amazon ist um 21% angesprungen, der Gewinn ist um 60% höher ausgefallen, als von Analysten erwartet. Die Aktie springt heute um 10% an. Amazon ist damit nun das vierte US-Hightech-Unternehmen, das über eine Billionen US-Dollar wert ist (neben Apple, Google und Microsoft).

Schauen wir uns nun einmal an, wie sich die wichtigsten Indizes in dieser ereignisreichen Woche entwickelt haben.

WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES


INDIZES 30.01.2020 Woche Δ Σ '20 Δ

Dow Jones 28.859 -0,7% 0,7%
DAX 13.106 -3,5% -1,1%
Nikkei 23.205 -2,6% -1,9%
Shanghai A 3.119 0,0% -2,1%
Euro/US-Dollar 1,10 0,2% -1,3%
Euro/Yen 120,28 -0,2% -1,6%
10-Jahres-US-Anleihe 1,55% -0,15 -0,39
Umlaufrendite Dt -0,42% -0,09 -0,19
Feinunze Gold $1.580 0,5% 4,5%
Fass Brent Öl $58,46 -3,3% -15,0%
Kupfer 5.620 -7,1% -9,5%
Baltic Dry Shipping 498 -13,5% -54,3%
Bitcoin 9.451 13,2% 29,6%



Mit -3,5% hat es den DAX diese Woche besonders hart getroffen. Das mag an der starken Exportorientierung, mag aber auch an den Coronavirusfällen in Bayern liegen. Wie dem auch sei, so hat es den Anschein, als nehme man hierzulande die Gefahr deutlicher wahr als anderswo.

Die Umlaufrendite, die sich in den vergangenen Monaten langsam aus dem negativen Bereich nach oben gearbeitet hatte, ist wieder zurückgefallen: Anleger suchen die vermeintliche Sicherheit der Bundesanleihen.

Auch der Goldpreis ist angestiegen und besser noch, der Bitcoin ist um 13% angesprungen. Den Bitcoin muss man nicht mal anfassen, um ihn zu übertragen oder kaufen.
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis)  
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